Eine universitäre Ausbildung an sich und insbesondere die Naturwissenschaften, waren lange Zeit den Männern vorbehalten. Frauen wurde der Zugang zur Bildung erheblich erschwert und es ist noch gar nicht so lange her, dass sie in Hörsälen bei Chemie-Vorlesungen eine Ausnahmeerscheinung waren.
Das bedeutet aber keineswegs, dass es in der Geschichte der Chemie nicht auch Wissenschaftlerinnen gegeben hätte, die durch ihre Forschung einen wichtigen Beitrag zu bedeutenden Entwicklungen geleistet haben.
Wir wollen dir in diesem Artikel einige berühmte Frauen vorstellen, die sich durch ihre Entdeckungen als Chemikerinnen einen Namen gemacht haben.
Gerty Cori - Professorin für Biochemie und Medizin-Nobelpreisträgerin
Gerty Cori wurde als Gertrude Theresa Radnitz 1896 in Prag (damals Österreich-Ungarn) geboren. Ihr Vater leitete eine Zuckerfabrik und konnte seinen drei Töchtern, bis zur Einschulung im Alter von zehn Jahren, Privatunterricht ermöglichen. Von 1914 bis 1920 studierte sie Medizin an der Deutschen Universität Prag, wo sie ihren späteren Ehemann Carl Cori kennenlernte.
Zwei Jahre nach dem Studienabschluss wanderte das Paar in die USA aus und erhielt 1928 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Gemeinsam betrieben sie medizinische Grundlagenforschung. Insbesondere widmeten sie sich dem Zucker-Stoffwechsel im menschlichen Körper und den daran beteiligten Hormonen. Sie formulierten eine Theorie über den Kreislauf von Glukose und deren Abbauprodukten zwischen Skelettmuskel und Leber (Cori-Zyklus).

Als Frau wurde Gerty Cori zunächst eine weitere akademische Karriere verwehrt. Ihrem Mann wurde eine Professur angeboten, unter der Bedingung, dass er nicht mehr mit ihr zusammenarbeite. Als Carl Cori 1931 Leiter der Pharmakologie-Abteilung der Washington University, St. Louis wurde, durfte er Gerty zwar als seine Forschungsassistentin einsetzen, sie erhielt dafür aber kein Gehalt.
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Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, Thomas, 1936 wechselten die Coris in die Biochemie-Abteilung. Kurz darauf entdeckten sie die Glukose-Form Glucose-1-phosphat, die an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist und nach ihren Entdeckern auch Cori-Ester genannt wird. Mit ihrer Entdeckung konnten sie die Vorgänge bei der Umwandlung des Kohlehydrats Glykogen zu Glukose beweisen.
Für ihre Arbeit am Zuckerstoffwechsel erhielten Carl und Gerty Cori gemeinsam mit dem Physiologen Bernardo Alberto Houssay 1947 den Nobelpreis für Medizin. Gerty Cori war die erste Frau, die in diesem Forschungsfeld ausgezeichnet wurde. In der Folge erhielt sie auch endlich akademische Anerkennung und wurde als Professorin für Biochemie an die Washington University, St. Louis, berufen.
Im selben Jahr erkrankte sie an Myelofibrose, einer seltenen Knochenmarkskrankheit, an der sie am 26. Oktober 1957 im Alter von 61 Jahren verstarb. Trotz der Krankheit arbeitete Gerty Cori unermüdlich weiter. Unter anderem gelang ihr als erster Person der Beweis, den möglichen Zusammenhang zwischen vererbten Krankheiten und Enzymdefekten.
Marie Curie und Irène Joliot-Curie - Zwei Chemie-Nobelpreise für Forschungen zur Radioaktivität
Die 1867 in Warschau geborene Marie Curie ist wohl eine der bekanntesten Chemie-Nobelpreisträgerinnen. Da Frauen zu dieser Zeit in Warschau nicht studieren durften, arbeitete sie nach ihrem Schulabschluss zunächst als Gouvernante. 1891 zog sie nach Paris, um an der Sorbonne Physik und Mathematik zu studieren. Dort begegnete sie dem französischen Physiker Pierre Curie, der ihr Ehemann und Forschungspartner wurde. Ab 1897 forschten die Curies gemeinsam an den ein Jahr zuvor von Henri-Antoine Becquerel entdeckten Strahlen aus Uranium-Salzen. Im selben Jahr wurde ihre erste Tochter, Irène, geboren.
Durch ihre Forschung an strahlenden Elementen entdeckte das Ehepaar Curie ein Phänomen, das sie „Radioaktivität“ nannten. Für diese Arbeit wurden sie 1903 zusammen mit Henri Becquerel mit dem Nobelpreis für Physik. Marie Curie war damit die erste weibliche Nobelpreisträgerin überhaupt.

In ihrer weiteren Forschungsarbeit entdeckten Pierre und Marie Curie zwei weitere Elemente mit starker Strahlungsaktivität. Sie gaben ihnen die Namen „Polonium“ und „Radium“. Marie Curie widmete sich fortan dem chemischen Trennungsprozess der Elemente, während sich ihr Mann auf deren physikalische Eigenschaften bei der Trennung spezialisierte.
Nach dem Unfalltod ihres Mannes im Jahr 1906 übernahm Marie Curie dessen Professur an der Sorbonne. Daneben forschte sie alleine weiter und schaffte es 1911 zwanzig Milligramm reines Radiumchlorid zu isolieren. Im selben Jahr wurde sie für die Erforschung des Radiums und seinen Verbindungen zum zweiten Mal mit einem Nobelpreis geehrt; diesmal im Fachbereich Chemie.
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Marie Curie starb am 4. Juli 1934 an einer Bluterkrankung, dir wahrscheinlich durch die radioaktiven Strahlen, denen sie jahrelang ausgesetzt war, verursacht wurde. Sie verpasste damit knapp die Verleihung des Chemie-Nobelpreises an ihre Tochter Irène und deren Ehemann Frédéric Joliot.
Irène Joliot-Curie hat sich schon früh auf denselben Weg begeben wie ihre Eltern. Bereits 1925 erhielt sie 28-jährig die Doktorwürde der Sorbonne. Gemeinsam mit Frédéric Joliot, der jahrelang als Assistent von Marie Curie gearbeitet hatte, gelang es ihr 1934 durch das Beschießen von Aluminium, Fluor und Natrium mit Alphastrahlen künstlich Radioaktivität zu erzeugen. Für diese bedeutende Entdeckung erhielt das Forscherpaar den Nobelpreis.
Irène Joliot-Curie wurde nur 57 Jahre alt. Sie starb 17. März 1956 an einer Leukämie, die wahrscheinlich, wie bei ihrer Mutter, durch den Kontakt mit Radioaktivität ausgelöst worden war.
Gertrude Belle Elion - Ein Leben für den Kampf gegen Krebs
Gertrude B. Elion wurde am 28. Januar 1918 in New York geboren. Als sie 15 Jahre alt war, starb ihr Großvater an Krebs, woraufhin sie entschied, Chemikerin zu werden, um Heilungsmöglichkeiten für die Krankheit zu erforschen. In der Folge studierte sie am Hunter College sowie an der New York University, wo sie die einzige Frau im Chemie-Studiengang war. Zunächst wurde ihr nicht viel Hoffnung auf eine Chemiker-Karriere gemacht, da Männer bei der Jobvergabe in dem Bereich bevorzugt wurden.
Nach ihrem Masterabschluss 1941 wendete sich das Blatt. Da viele Männer, darunter auch Chemiker, zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, wurden offene Stellen nun auch mit Frauen besetzt. Gertrude B. Elion fand eine Anstellung als Assistentin im Forschungslabor des Pharmaunternehmens Burroughs Wellcome. Im Team mit ihrem Chef, dem Biochemiker George H. Hitchings, untersuchte sie, wie die Produktion von neuer DNA in schädlichen Zellen verhindert und damit deren Vermehrung gestoppt werden kann.
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Dank der daraus gewonnen Erkenntnisse gelang es den beiden Chemiker*innen pharmakologischer Wirkstoffe zu entwickeln, die die Vermehrung von Zellen verhindern oder verzögern und sie teilweise sogar zerstören können; sogenannte Zytostatika. Unter Elions und Hitchings Entwicklungen befinden sich unter anderem das erste Immunsuppressivum, das Organtransplantationen ermöglicht, das erste Medikament zur Behandlung von Leukämie sowie Wirkstoffe gegen Gicht, Herpes und AIDS.
Das Forscherteam Elion und Hitchings erhielt 1988 für diese biochemischen Entdeckungen gemeinsam den Nobelpreis für Medizin.
Bereits seit 1970 war sie Professorin für Pharmakologie und experimentelle Medizin an der Duke University in Durham, North Carolina. Diese Position behielt sie auch nach ihrer Pensionierung inne. Zudem engagierte sie sich bis zu ihrem Tod am 21. Februar 1999 dafür, die Wissenschaft jungen Menschen näherzubringen.
Dorothy Crowfoot Hodgkin - Strukturanalysen von Kristallen
Die britische Biochemikerin Dorothy Crowfoot Hodgkin wurde am 12. Mai 1910 als Tochter eines Kolonialbeamten in Kairo geboren. Da ihre Eltern viel unterwegs waren, wuchs sie überwiegend bei Verwandten in England auf. Bereits als Kind hatte sie das Züchten von Kristallen gelernt und als Jugendliche las sie Fachbücher über die Grundlagen der Chemie sowie konkret über die Analyse der Struktur von Kristallen mit Hilfe von Röntgenstrahlen.

Von 1928 bis 1932 studierte sie Chemie und Physik am Somerville College in Oxford, wo sie sich auf Kristallographie spezialisierte. Für ihre postgradualen Studien wechselte Dorothy Crowfoot Hodgkin an die University of Cambridge, wo sie die Röntgenstrukturanalyse von Grund auf erlernte. Ab 1934 unterrichtete sie am Somerville College in Oxford und nahm zugleich intensive Forschungstätigkeiten auf.
Sie nutze die Röntgenstrahlanalyse, um die Struktur von Kristallen aufzuklären. Bereits 1934 begann sie mit der chemischen Analyse von Insulin. Ein Projekt, das aber erst 35 Jahre später vollständig abgeschlossen werden konnte. Zwischenzeitlich widmete sie sich auch anderen biologisch relevanten Molekülen wie Pepsin, Cholesterin, Penicillin und Vitamin B12.
Von großer Bedeutung war ihre Untersuchung der Struktur von Penicillin, die sie 1949 veröffentlichte. Ihre wichtigste Arbeit folgte 1956 mit der Analyse des Vitamins B12, bei der es ihr gelang, die Methode der Röntgenstrahlanalyse entscheidend zu verbessern. Für diese Errungenschaft sowie die Strukturaufklärung des Vitamins B12 wurde sie 1964, als erst dritte Frau, mit einem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Weitere bekannte Chemikerinnen
Auch wenn Frauen in allen Bereichen der Chemie, von Biochemie über organische Chemie bis zur physikalischen Chemie, im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen weiterhin untervertreten sind, gibt es doch zahlreiche Chemikerinnen, die wichtige Beiträge zur Wissenschaft geleistet haben. Wir haben für dich eine Liste mit einigen weiteren wichtigen Namen zusammengestellt (Wenn du dich konkret für die Leistung von PoC-Frauen in der Chemie interessierst empfehle ich dir unseren Artikel über Schwarze Chemiker und Chemikerinnen):
- Stephanie Kwolek (1923-2014): entdeckte die Kunstfaser Kevlar, die unter anderem zur Herstellung von Flugzeugteilen, Kabeln, Schutzwesten und Schutzhandschuhen verwendet wird
- Clara Immerwahr (1870-1915): erste deutsche Frau, die in Chemie promovierte; setzte sich als Pazifistin gegen den Einsatz von Chemie als Waffe ein; brisant: ihr Mann, der Chemiker Fritz Haber entwickelte das im Ersten Weltkrieg verwendete Giftgas
- Kathleen Yardley Lonsdale (1903-1971): untersuchte organische Stoffe und deren Kristallstruktur mit Röntgenbeugungsstudien, entdeckte die Struktur des Benzols; erste Professorin am University College London
Wenn du dich etwas intensiver mit bekannten Chemikerinnen auseinandersetzt, wirst du schnell feststellen, dass sich die meisten von ihnen im Laufe ihrer Karriere immer wieder den Widerständen der männlich geprägten Wissenschaft entgegensetzen mussten. Umso beeindruckender sind ihre Leistungen. Viel Spaß beim Entdecken!