In einer Zeit, in der Bildung oft auf Leistung und Noten reduziert wird, zeigt der Jenaplan, dass Schule auch anders funktionieren kann. Statt starren Stundenplänen, Frontalunterricht und Konkurrenzdenken stehen hier Gemeinschaft, Eigenverantwortung und Freude am Lernen im Mittelpunkt.
Kinder lernen miteinander und voneinander, entdecken die Welt in Projekten und erleben Schule als Lebensraum – nicht nur als Lernort. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Einblick in das Jenaplan-Konzept: die Entstehung der alternativen Schulform, ihre Besonderheiten und wie der Unterricht in Jenaplan-Schulen gestaltet ist.
Was ist das Jenaplan-Konzept?
Das Jenaplan-Konzept ist ein reformpädagogisches Schulmodell, entwickelt vom deutschen Pädagogen Peter Petersen. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, dass Kinder in ihrer Individualität, Selbstständigkeit und sozialen Verantwortung gestärkt werden sollen. Grundlage des Konzepts sind die vier Säulen:
- Arbeit
- Spiel
- Feier
- Gespräch
Diese strukturieren den schulischen Alltag rhythmisch und fördern sowohl geistige als auch emotionale und soziale Lernprozesse. Lernen nach dem Jenaplan bedeutet ganzheitliches, lebensnahes und gemeinschaftsorientiertes Lernen, das Neugier, Kreativität und Eigeninitiative unterstützt.
Typisch ist das jahrgangsübergreifende Lernen, bei dem ältere und jüngere Kinder voneinander profitieren und Verantwortung füreinander übernehmen. In der modernen Weiterentwicklung – dem Jenaplan 21 nach Kees Both und Kees Vreugdenhil – werden die ursprünglichen Ideen Petersens an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst.
Im Kern geht es um Bildung als Menschenrecht, um die Entfaltung der Persönlichkeit und um eine Schulgemeinschaft, die vom Respekt vor dem Leben und vor dem Anderen getragen ist.
Übrigens: Auch Waldorfschulen stellen die Entfaltung der Persönlichkeit in den Mittelpunkt!
Merkmale im Überblick
Das Jenaplan-Konzept zeichnet sich durch eine ganzheitliche, flexible und gemeinschaftsorientierte Lernkultur aus, die weit über klassischen Unterricht hinausgeht. Im Mittelpunkt stehen die individuelle Förderung, das Lernen in Gemeinschaft und eine demokratische Schulstruktur, die Kinder aktiv am schulischen Leben beteiligt.
Unterricht findet nicht in starren 45-Minuten-Einheiten statt, sondern in einem rhythmischen Wechsel aus Arbeit, Spiel, Feier und Gespräch. Dabei werden die Kinder in altersgemischten Stammgruppen unterrichtet, wodurch sie lernen, Verantwortung zu übernehmen, Hilfe anzunehmen und Wissen weiterzugeben.

Jeder Schüler und jede Schülerin arbeitet nach einem individuellen Wochenplan, der selbstständiges Lernen fördert und Raum für persönliche Interessen lässt. Statt Noten und Sitzenbleiben stehen Feedback, Selbstreflexion und Zusammenarbeit im Vordergrund.
Regelmäßige Gesprächskreise stärken das Gemeinschaftsgefühl, fördern demokratische Teilhabe und helfen, Konflikte konstruktiv zu lösen. Insgesamt schafft die Jenaplan-Pädagogik eine lernende Gemeinschaft, in der sich Kinder als aktive, verantwortungsbewusste und empathische Mitglieder erleben.
Die wichtigsten Merkmale auf einen Blick
- Individuelle Förderung: Jedes Kind wird als einzigartige Persönlichkeit gesehen und gezielt unterstützt.
- Stammgruppen: Altersgemischte Gruppen fördern Verantwortung, Hilfsbereitschaft und soziale Kompetenzen.
- Vier Grundsäulen: Arbeit, Spiel, Feier und Gespräch strukturieren den Schulalltag ganzheitlich.
- Flexible Struktur: Keine Noten oder 45-Minuten-Stunden – Lernen folgt natürlichen Rhythmen.
- Individuelle Wochenpläne: Fördern Selbstständigkeit und Eigenverantwortung.
- Demokratische Teilhabe: Gesprächskreise und Mitbestimmung stärken Verantwortung und Gemeinschaft.
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Ursprung der Jenaplan Pädagogik
Die Jenaplan-Pädagogik wurde 1924 von Dr. Peter Petersen an der Universität Jena entwickelt. Sein Ziel war es, eine Schule für das Leben zu schaffen – einen Lernort, an dem Kinder individuell gefördert werden und in einer starken Gemeinschaft miteinander und voneinander lernen.
Petersen betonte das jahrgangsübergreifende Lernen, die Bedeutung von Feiern, Gesprächen und gemeinsamer Arbeit sowie eine enge Verbindung zwischen Schule, Familie und Gesellschaft. Ab 1927 wurde sein Konzept unter dem Namen „Jenaplan“ bekannt.
Das Jenaplan-Konzept wurde von dem deutschen Pädagogen Dr. Peter Petersen entwickelt. Er stellte es 1924 an der Universität Jena vor. Sein Ziel war eine Schule, in der Kinder individuell gefördert werden und gemeinsam in einer starken Gemeinschaft lernen.
Während der NS-Zeit versuchte Petersen, seine Pädagogik an die Ideologie des Regimes anzupassen, was jedoch zu Kritik und der Schließung vieler Jenaplan-Schulen führte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Ansatz zunächst als überholt angesehen, bevor er ab den 1950er-Jahren – besonders in den Niederlanden – eine neue Blüte erlebte.
Entwicklung der Jenaplanschulen und heutiger Stand
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Jenaplan Konzept zunächst in Vergessenheit, da es in der DDR als überholtes Modell aus der Weimarer Republik galt. Erst in den 1960er-Jahren wurde es – vor allem in den Niederlanden – wiederentdeckt und weiterentwickelt.
Dort entstand eine lebendige Bewegung, die Petersens Ideen an die gesellschaftlichen Veränderungen und pädagogischen Erkenntnisse der Zeit anpasste. Heute existieren in den Niederlanden über 200 Jenaplan-Schulen, während auch in Deutschland das Interesse an dieser reformpädagogischen Richtung wieder wächst.
Das moderne Konzept, bekannt als „Jenaplan 21“, legt besonderen Wert auf Demokratie, Nachhaltigkeit, Vielfalt und Menschenrechte. Lernen wird als lebenslanger, ganzheitlicher Prozess verstanden, der Kopf, Herz und Hand gleichermaßen anspricht.
In Deutschland gibt es nach Angaben der Gesellschaft für Jenaplan-Pädagogik etwa 70 Jenaplanschulen. Die meisten davon sind staatlich, einige arbeiten als freie Schulen nach dem Jenaplan-Modell. International, vor allem in den Niederlanden, gibt es deutlich mehr Jenaplan-Schulen.
In Zukunft wird die Jenaplan-Pädagogik voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen – als Schulmodell, das Gemeinschaft, Eigenverantwortung und kreative Entfaltung in einer zunehmend komplexen, digitalen Welt in den Mittelpunkt stellt.
Unterricht in der Jenaplanschule
Der Unterricht an Jenaplanschulen unterscheidet sich deutlich vom klassischen Schulsystem. Statt eines starren Stundenplans mit 45-Minuten-Einheiten arbeiten die Schüler*innen nach individuellen Wochenplänen, die ihnen Orientierung geben und gleichzeitig Freiraum für selbstständiges Lernen lassen.
Gearbeitet wird in altersgemischten Stammgruppen, in denen jüngere von älteren Kindern lernen und umgekehrt. Der Unterricht folgt dem Rhythmus von Arbeit, Spiel, Feier und Gespräch, wodurch kognitive, emotionale und soziale Lernprozesse miteinander verbunden werden.
Ein Schultag beginnt oft mit einem Morgenkreis, in dem die Gruppe den Tag plant, Themen bespricht oder aktuelle Ereignisse teilt. Danach folgen Phasen selbstständiger Arbeit, in denen Kinder einzeln oder in Teams an Projekten, Forschungsaufgaben oder Übungen arbeiten.
Anschließend gibt es gemeinsame Lernzeiten (z. B. Kernunterricht), in denen Themen aus Erfahrungsfeldern wie „Mein Leben“, „Natur und Technik“ oder „Der Jahreskreis“ vertieft werden.
Am Ende der Woche präsentieren die Kinder ihre Ergebnisse in einer sogenannten Feierstunde. Dabei halten sie Referate, führen Theaterstücke auf oder stellen Musikstücke vor – ein wichtiger Bestandteil für Selbstbewusstsein und Gemeinschaft.
Typischer Tagesablauf in der Jenaplanschule:
- Morgenkreis – Begrüßung, Planung, Austausch
- Selbstständige Arbeitsphasen – individuelle oder projektbezogene Aufgaben
- Gemeinsamer Kernunterricht – fächerübergreifendes Lernen
- Reflexion & Feier – Präsentation, Gespräch, gemeinsamer Abschluss
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Jenaplanschule vs. Regelschule: Ein Vergleich
Die Jenaplanschule unterscheidet sich grundlegend von der klassischen Regelschule durch ihr offenes, gemeinschaftsorientiertes und kindzentriertes Lernverständnis. Statt fester Unterrichtsstunden, Noten und Sitzenbleiben stehen individuelle Förderung, Verantwortung und soziales Lernen im Vordergrund.
In jahrgangsübergreifenden Stammgruppen arbeiten Kinder verschiedener Altersstufen zusammen, wodurch Teamgeist, Empathie und Selbstständigkeit gestärkt werden. Leistungen werden meist verbal beurteilt, also in Form von Rückmeldungen, die die persönliche Entwicklung des Kindes würdigen.
Regelschulen hingegen folgen einem klaren Fächer- und Zeitsystem mit Noten, Klassenverbänden und Lehrplänen, die stärker auf Vergleich und Leistung ausgerichtet sind.
| Merkmal | Jenaplanschule | Regelschule |
|---|---|---|
| Klassenstruktur | Jahrgangsübergreifende Stammgruppen | Jahrgangsklassen |
| Bewertung | Verbale Rückmeldung, keine Noten in der Grundschule | Zensuren |
| Lernrhythmus | Individuell, Wochenpläne | Fester Stundenplan |
| Fokus | Gemeinschaft, Selbstständigkeit, Persönlichkeitsentwicklung | Wissensvermittlung, Leistungsmessung |
Welche Rolle spielen die Eltern?
Im Jenaplan-Konzept spielen die Eltern eine zentrale Rolle. Sie werden als aktive Partner im Lern- und Gemeinschaftsprozess verstanden, nicht nur als Außenstehende. Schule und Elternhaus bilden eine enge Erziehungsgemeinschaft, die auf Vertrauen, Kommunikation und gemeinsamer Verantwortung beruht.
Eltern nehmen regelmäßig an Gesprächen, Feiern und Projekten teil und bringen ihre Erfahrungen und Fähigkeiten in den Schulalltag ein. Diese Zusammenarbeit stärkt nicht nur die Lernmotivation der Kinder, sondern auch das Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung.
In Zeiten, in denen Themen wie Mobbing oder soziale Ausgrenzung präsent sind, wirkt die Jenaplan-Schule durch ihre offene Elternarbeit als Modell für friedliches, inklusives Zusammenleben – eine Schule als Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die Bildung und Werteerziehung miteinander verbindet.

Ist die Jenaplan Schule eine Privatschule?
Die Jenaplan-Schule ist in der Regel keine Privatschule, sondern meist eine staatliche Schule mit besonderem pädagogischem Konzept. Sie orientiert sich an den Rahmenlehrplänen der Bundesländer, wodurch Schülerinnen und Schüler dort reguläre staatlich anerkannte Abschlüsse wie den Hauptschulabschluss, die Mittlere Reife oder das Abitur erwerben können.
Viele Jenaplan-Schulen werden jedoch von Fördervereinen unterstützt, die zusätzliche Aktivitäten, Materialien oder Projekte finanzieren, um den besonderen Bildungsansatz umzusetzen. Es gibt aber auch einige freie Schulen, die nach dem Jenaplan-Modell arbeiten.
Insgesamt ist die Jenaplan-Schule somit eine öffentliche Schule mit reformpädagogischer Ausrichtung, die individuelles, soziales und demokratisches Lernen in den Mittelpunkt stellt – und zugleich vollständig in das staatliche Bildungssystem integriert ist.





