Titus Lucretius Carus war ein römischer Dichter und Philosoph, der den Epikureismus vertrat. Sein unvollendetes Werk De rerum natura ist eine der Hauptquellen zur Entschlüsselung der Philosophie Epikurs, die ansonsten nur in Teilen überliefert ist. Hauptsächlich beschäftigt sich Lukrez mit der Natur. Aber wer war Lukrez? In welcher Beziehung stand er zu Epikur? Und was ist der Inhalt von De rerum natura? Das alles erfahrt ihr im nachstehenden Artikel!
Das Leben des Lukrez
Von Titus Lucretius Carus' (kurz: Lukrez) Leben ist ziemlich wenig bekannt. Wenige und späte Quellen belegen seine Herkunft, seinen Namen und seinen sozialen Stand. Zugleich sind die Quellen widersprüchlich: Es ist unbekannt, ob er niederer Herkunft war, wie sein Name vermuten lässt, oder der Nobilität angehörte angesichts seines Bildungsstandes.
Auch Lukrez’ Lebensdaten sind ungewiss: Hieronymus erwähnt in seiner Chronik dessen Geburt; die erhaltenen mittelalterlichen Handschriften überliefern dieses Ereignis jedoch teilweise für das Jahr 96, teils für 94 oder 93 v. Chr. Auch sein Todesjahr muss erschlossen werden. Nach Hieronymus starb Lukrez im Alter von vierundvierzig Jahren, womit die Jahre 53/52, 51/50 und 50/49 in Betracht kommen.

De rerum natura
De rerum natura bedeutet übersetzt "Über die Natur der Dinge" oder auch "Von der Natur" und ist ein in sechs Büchern verfasstes hexametrisches Lehrgedicht. Lukrez folgt der Lehre des Epikur und des Demokrit. Inhaltlich geht es in De rerum natura darum um Folgendes: Alle Dinge im Universum sind aus Atomen zusammengesetzt, woraus sich Erklärungen für die Eigenschaften der Gegenstände ableiten lassen. Da sich jedes Phänomen auf diese Weise begreifen lässt, ist der Rückgriff auf übernatürliche Ursachen nicht mehr nötig - ein Meilenstein dieser Zeit. Lukrez stellte die Atomlehre in Form eines Gedichts vor, um ihre Überzeugungskraft zu verstärken. Dieses Werk umfasst 6 Bücher mit ca. 7.800 Versen.
Auch der Philosoph und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero hielt viel von Lukrez' Werk. Dies beweist ein Brief Ciceros an seinen Bruder Quintus vom 10. oder 11. Februar 54. Darin meint er, Lukrez’ Buch enthalte zahlreiche geniale Glanzstücke und sei mit großer Kunstfertigkeit verfasst. Unter anderem enthält De rerum natura auch ein Unterkapitel über Naturerscheinungen, z.B. eine Beschreibung Pest Athen, quasi eine Erklärung, wie Seuchen entstehen können. Auch das Thema Frauenbild wird in De rerum natura behandelt vom Philosophen Lukrez.

De rerum natura wurde innerhalb der Sammlung Tusculum von Hermann Diels übersetzt und ist in vielen verschiedenen Verlägen zu kaufen (Zustand neu) für einen Preis zwischen 6 und 40 €. Finde das Buch zum Beispiel auf amazon, thalia oder buecher.de. Die günstigsten Exemplare sind oft aus dem Reclam-Verlag oder im gebrauchten Zustand bei medimops zu finden.
Interessiert dich eine kommentierte Fassung zum besseren Verständnis? Diese Version von "Über die Natur der Dinge" kommentiert Klaus Binder.
Auch auf englisch ist dieses Buch zu haben, siehe "De rerum natura" 3 Volumes (Oxford University Press Academic Monograph Reprints) | Bailey, Cyril | ISBN: 9780198144052.
Lukrez' Einfluss auf die Moderne
Auf Lukrez beriefen sich insbesondere die materialistischen Philosophen späterer Zeiten, so etwa im 17. Jahrhundert und im marxistischen Sozialismus. Auch in seiner Wahrnehmungstheorie prägte Lukrez die Nachwelt, z.B. durch den für die postmoderne Philosophie so einflussreichen Begriff des Simulakrums. Als Simulacrum oder Simulakrum bezeichnet man ein wirkliches oder vorgestelltes Ding, das mit etwas oder jemand anderem verwandt ist oder ihm ähnlich ist. In der Medientheorie griff Baudrillard den Begriff auf und nutzte ihn für eine "Referenzlosigkeit" in Zeiten von Massenmedien. Das Kennzeichen dieses modernen Simulacrums besteht nach Baudrillard darin, dass die Unterscheidung zwischen Original und Kopie, Vorbild und Abbild, Realität und Imagination unmöglich geworden und einer allgemeinen „Referenzlosigkeit“ der Zeichen und Bilder gewichen sei.
Epikureismus
Aber was besagt der Epikureismus, den Lukrez vertritt, eigentlich genau? Schauen wir ihn uns doch einmal genauer an.
Der Epikureismus basiert auf den Lehren des Epikur von Samos, (341 - 271 v. Chr.), griechischer Philosoph. Epikur begründete die philosophische Schule des Epikureismus, die eine der bedeutenden Denkrichtungen der antiken Philosophie darstellt.
Der Epikureismus beruht auf einer materialistischen Physik, derzufolge es nur Leere und Atome gibt. Die Atome sind die Bestandteile der Körper und der Welten, sie fügen sich in nicht vorhersehbarer Weise zusammen und lösen sich wieder auf. (Quelle: Philomag)
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Zusammenfassung
Atomlehre
Laut Epikur besteht die Welt aus Atomen, die senkrecht im leeren Raum von oben nach unten bei gleichmäßiger Geschwindigkeit fallen. Die Lehre des Epikurs beinhaltet ebenso das Bestehen einer Seele, die wie alles andere auch aus Atomen zusammengesetzt ist und die sterblich ist. In seiner Weltanschauung existieren Götter, deren Atome sich nicht auflösen können und somit unsterblich sind, sie wandern in Zwischenwelten. Laut Epikur besteht die höchste Weisheit darin, in der Gegenwart zu leben, weder den Tod noch die Götter zu fürchten, Schmerzen zu ertragen und Glückseligkeit (Eudaimonie) zu erlangen. Dies ist möglich, indem man versucht, die Grundbedürfnisse wie z.B. Hunger und Durst zu decken, um die stabile Daseinslust eines gesunden Lebens zu erfahren. Alles Wissen beruht auf den Sinneseindrücken, die durch Zusammentreffen zwischen den Atomen des Körpers und den peripheren Atomen, nach Lukrez "Simulacren" genannt, des wahrgenommenen Objekts hervorgerufen werden. (Siehe den Abschnitt Lukrez' Einfluss auf die Moderne)
Atomistischer Materialismus
Seine Weltanschauung ist dem atomistischen Materialismus zuzuordnen. Geklärt ist, dass er die Existenz von Atomen anerkennt und dass alles aus Atomen besteht, die in verschiedenen Formen auftreten. Materialismus ist eine erkenntnistheoretische Position, in der alle die alle Vorgänge und Phänomene der Welt auf Materie und deren Gesetzmäßigkeiten und Verhältnisse zurückführt. Diese Richtung der Philosophie gab es damals in dieser Form noch nie und war ein völlig neuer Ansatz.

Dieses Zitat fasst Epikurs Lehre sehr gut zusammen:
Das gerechte Leben ist unerschütterlich, das ungerechte dagegen voll der größten Unruhe. Das höchste Gut ist das Glück, das höchste Übel das Unglück. Das höchste Gut ist die Lust, das höchste Übel der Schmerz. In der Freiheit vom Schmerz wird der höchste Grad der Lust erreicht. (Epikur)
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Asketischer Hedonismus
Wofür lohnt es sich zu leben? Was treibt einen Menschen an? Aus moralischer Sicht ist der Hedonismus ein zentraler Teil des Epikureismus. Man nennt Epikurs Ansatz auch "asketischen Hedonismus", also das Streben nach Lust (hēdonē), das auf eine Weise praktiziert wird (askesis), in der die Vergnügungen ohne Exzess und mit vernunftgeleiteter Einsicht erlebt werden.
Exkurs: Stoizismus vs Hedonismus vs Epikureismus
Die Stoiker kritisieren den Hedonismus, teilweise auch den Epikureismus und finden ihn moralisch verwerflich, da deren Ansichten dem Hedonismus diametral gegenüberstehen. Die Prämisse des Stoizismus ist das Wissen, dass der Mensch keinen Einfluss hat auf die höhere Vernunft, nach der der Kosmos gestaltet ist. Die emotionale Selbstbeherrschung über dieses Ausgeliefertsein und die damit einhergehende Gelassenheit sind das Ziel des Einzelnen im Stoizismus. Hedonismus hingegen definiert sich folgendermaßen:
Hedonismus ist eine in der Antike begründete philosophische Lehre, Anschauung, nach der das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinnenlust und -genuss ist, das Glück des Einzelnen in der dauerhaften Erfüllung individueller physischer und psychischer Lust gesehen wird. (Quelle: Duden)
Und wie passt der Epikureismus in dieses Bild?
Kurz zusammengefasst: Im Hedonismus geht es um die Augenblicks-Lust als Selbstzweck, dem Epikureismus geht es um die Zustandslust als Mittel zum Glück und dem Stoizismus geht es um die innere Gelassenheit angesichts der äußeren Kräfte.
Finde mehr über Stoiker heraus, indem du dir zum Beispiel das Porträt von Marcus Aurelius oder Seneca anschaust!
Kepos
Kepos ist der Garten des Epikur, den dieser im Jahr 307 v. Chr. erwerben konnte und mit ihm eine Alternative zur platonischen Akademie gründete, zu der freier Zugang unabhängig von Geschlecht, Rang und Herkunft bestand. Im Kepos wurde emotionale Intelligenz gebildet und es fand ein reger Austausch statt. Hier lehrte Epikur seine Ansichten.

Eine Übersicht zu altrömischen Philosophen findest du bei uns auf Superprof!
Lukrez und Epikur Unterschiede
Epikurs Philosophie sollte dem Menschen Gemütsruhe und Gelassenheit geben und ihm die Furcht vor dem Tode und den Göttern nehmen. Im Gegensatz zu Epikur nimmt Lukrez Anteil an den gesellschaftlichen Ereignissen seiner Zeit, verurteilt den sittlichen Verfall des Adels, klagt den Krieg und seine Schrecken an.
Ein interessantes Porträt bezüglich Krieg im Römischen Reich ist das des Cato des Jüngeren. Zudem war er Caesars Feind. Schau doch gerne mal vorbei! Auch über gerechten Krieg lohnt es sich zu recherchieren mit einer theologischen Auslegung. Wie können Krieg und Religion zusammenpassen? All das findest du im Porträt des Kirchenvaters Augustinus von Hippo!
Literaturvorschläge
Du musst für deinen Philosophieunterricht in der Schule lernen? Oder hast Lust mehr über Philosophie zu lernen? Kein Problem, wir haben die richtige Literatur für dich!

Für Grundlagen empfehlen wir folgende Buchreihen:
- Grundkurs Philosophie, Wolfgang Detel, 7 Bände, Reclam-Verlag. ISBN: 978-3-15-030073-2. Auch einzeln zu erwerben! Kostenpunkt: 37 €
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Philosophie für Anfänger, von Sokrates bis Sartre: Ein Wegbegleiter durch die abendländische Philosophie, Ralf Ludwig, dtv-Verlag. ISBN: 978-3423348249. Kostenpunkt: 12,90 €
- Die Philosophie der Stoa, Wolfgang Weinkauf, Reclam-Verlag. ISBN: 978-3150181232. Kostenpunkt: 9,40 €
- Mit Epikur auf Wandertour, Günter Stolzenberg, dtv-Verlag. ISBN: 978-3423349963. Kostenpunkt: 9,90 €
Da der Epikureismus und Lukrez thematisch so eng beisammen sind, hier Literaturvorschläge zum Epikureismus:
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Philosophie des Glücks: Gesamtausgabe aller Werke von Epikur in deutscher Übersetzung – plus Nachwort und Interpretation, eBook, ISBN: 9783746728872. Kostenpunkt: 2,99 € (nur für eReader verfügbar)
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Stoizismus vs. Epikureismus: Glücklich leben und Ruhe finden mit der Weisheit vergangener Tage, Markus Palzer, ISBN: 979-8642646182. Kostenpunkt: 8,16 €
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Philosophie der Freude: Briefe. Hauptlehrsätze. Spruchsammlung. Fragmente, Paul Laskowsky, insel-Verlag. ISBN: 978-3458327578. Kostenpunkt: 8,00 €
Falls du mehr über Hedonismus erfahren möchtest, hier weitere Sachbuchvorschläge:
- Wofür es sich zu leben lohnt: Elemente materialistischer Philosophie, Robert Pfaller, Fischer-Verlag. ISBN: 978-3100590336. Kostenpunkt: 12 €
- Hedonismus und das gute Leben, Andreas Bachmann, mentis-Verlag. ISBN: 978-3897857957. Kostenpunkt: 49,90 €
- Kritik des Hedonismus: Eine psychologisch-ethische Untersuchung, Heinrich Gomperz, hanse-Verlag. ISBN: 978-3846072882. Kostenpunkt: 11,95 €