Das Cello war in der Musikgeschichte lange ein unterschätztes und wenig beachtetes Instrument. Entstanden ist es zeitgleich mit der ihm verwandten Geige im 16. Jahrhundert in Italien. Im Gegensatz zu seiner kleinen Schwester, fand es aber nicht sofort seinen Platz in den Orchestern und Kompositionen der Renaissance und des Barock.
Die Rolle des Cellos als Orchesterinstrument begann sich zu wandeln, als ihm immer mehr Komponisten der Wiener Klassik eine eigene Stimmführung zuordneten und es teilweise sogar mit der Melodieführung betrauten.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gewann das Cello zunehmend an Beliebtheit als Soloinstrument. Veränderungen in der Bauweise verbesserten seine klangliche Durchsetzungskraft und ermöglichten ein virtuoses Solospiel, ähnlich wie auf der Violine. Dementsprechend wurden ab diesem Zeitpunkt vermehrt Werke für Cello komponiert. Viele der schönsten und bekanntesten Cellostücke stammen aus den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhundert.
In diesem Artikel stellen wir Dir berühmte Cellostücke vor, von den ersten Werken des 17. Jahrhunderts bis hin zu modernen Kompositionen.
17. und 18. Jahrhundert: Die ersten Werke für Solo-Cello
Als das Violoncello aufkam, gab es bereits eine Reihe an etablierten Streichinstrumenten in verschiedenen Größen und Tonlagen. Während sich die Geige ziemlich schnell gegen die Sopran-Viola da braccio durchsetzen konnte, wurde für die tiefen Stimmen weiterhin bevorzugt die Bassgambe verwendet, die etwas größer als ein Cello ist.
Dementsprechend gibt es aus dieser anfänglichen Zeit kaum Stücke, die explizit für Violoncelli geschrieben wurden. Auch in Orchesterpartituren finden sich selten Cellostimmen, da diese grundsätzlich im Generalbass zusammengefasst wurden.
Das früheste bekannte Werk, in dem das Violoncello als Soloinstrument erwähnt wird, sind die Sonate a due e a tre, con la parte di violoncello a beneplacito, op. 4 von Giulio Cesare Arresti aus dem Jahr 1665. In den darauffolgenden Jahrzehnten schrieben verschiedene Cellisten aus Bologna, darunter Domenico Gabrielli, Giuseppe Maria Jacchini und Antonio Maria Bononcini, anspruchsvolle Cello-Stücke.
Auch im beginnenden 18. Jahrhundert komponierten Cellisten weiterhin für ihr Instrument. Entstanden sind dabei unterschiedlichste Werke, von denen die meisten heute in Vergessenheit geraten sind. Gleichzeitig begannen auch andere Barockkomponisten solistische Stücke für das Cello zu komponieren, in denen sich alle damals neuen spieltechnischen Mittel wiederfinden.
Einer der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit war Antonio Vivaldi, der unter anderem in der Herausbildung und Verbreitung des Instrumentalkonzerts eine wichtige Stellung einnimmt. So schrieb Vivaldi auch die ersten konzertanten Werke für Violoncello. Insgesamt sind von ihm 10 Cellosonaten und 29 Cellokonzerte überliefert (z.B.: Cellosonate in e-moll, op. 14 Nr. 5)
Die erste Cellosonate im deutschen Sprachraum stammt von Georg Philipp Telemann (Sonate in D-Dur für Violoncello und Basso continuo, TWV 41:D6) und ist in der von ihm 1728 gegründeten Musikzeitschrift „Der getreue Musikmeister“ erschienen.
Weit bekannter als Telemanns Sonate sind die sechs Suiten für Violoncello solo (BWV 1007-1012) von Johann Sebastian Bach. Seit ihrer Wiederentdeckung und die drauffolgende Interpretation des virtuosen Cellisten Pau Casals zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehören sie zu den meistgespielten Kompositionen für solistische Streichinstrumente. Entstanden sind die Suiten wahrscheinlich zwischen 1717 und 1723, als Bach Hofkapellmeister in Köthen war.
Die facettenreiche Sammlung widmet sich allen technischen und musikalischen Möglichkeiten des Cellos. Die Suiten arbeiten sich bei zunehmender Schwierigkeit durch verschiedene Tonarten, Rhythmen, Umkehrungen und Variationen. Das bekannteste Stück daraus ist die Prélude der Suite Nr. I in G-Dur.
Die Mitte des 18. Jahrhunderts ist geprägt vom Übergang des Spätbarock in die klassische Epoche, der bereits von Komponisten wie Johann Sebastian Bach vorbereitet worden war. Die strenge musikalische Form tritt zu Gunsten einer empfindsameren Natürlichkeit und Einfachheit in den Hintergrund, der Generalbass wird von einer melodienahen Harmonik abgelöst. Viele Kompositionen dieser Übergangsphase weisen Merkmale aus beiden Epochen auf. Sie experimentieren mit neuen Formen und Klangfarben, behalten gleichzeitig einige der alten Konventionen bei.
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Der bedeutendste italienische Komponist dieser Zeit ist der Cellist Luigi Boccherini, der eine wichtige Rolle bei der Entwicklung musikalischer Gattungen, wie dem Streichquartett, spielte. Solistische Instrumentalkompositionen schrieb Boccherini hauptsächlich für sein eigenes Instrument, darunter ungefähr 40 Cellosonaten und 12 Cellokonzerte. Es handelt sich dabei um äußert anspruchsvolle Werke, die er für seine eigene Konzerttätigkeit komponierte.
Ein berühmter Zeitgenosse Boccherinis war Joseph Haydn, der später zu einem der wichtigsten Vertreter der Wiener Klassik wurde. Aus der vorklassischen Zeit stammt sein Cellokonzert Nr. 1 in C-Dur, Hob. VIIb:1, das bis heute zum Standardrepertoire vieler Cellist*innen gehört.
19. Jahrhundert: das Cello findet seinen Platz in der klassischen Musik
Eine der neuen musikalischen Formen, die sich ab 1775 herauszubilden begannen, ist die klassische Sonate, bei der ein Melodieinstrument von einem Klavier harmonisch begleitet wird (im Gegensatz zu der Sonate des Barock, die ausschließlich die Generalbassbegleitung kannte).
Der bedeutendste Mitbegründer dieser Gattung ist Ludwig van Beethoven, dessen Sonaten für Violoncello und Klavier zum Vorbild für unzählige Kompositionen der darauffolgenden 150 Jahre wurden. Insbesondere die Cellosonate Nr. 3 A-Dur op. 69, die im Jahr 1808 vollendet wurde, war von großer Bedeutung für die Nachwelt.
Beethoven wies dem Violoncello auch im Orchester eine neue Rolle zu. Bereits Joseph Haydn hat teilweise die Celli von den anderen Bassinstrumenten getrennt und eigene Stimmen für sie geschrieben. Beethoven ging aber noch einen Schritt weiter und übertrug den Celli zeitweise die Melodieführung, so zum Beispiel zu Beginn des zweiten Satzes seiner 5. Sinfonie.
Auch bei Johannes Brahms nimmt das Cello eine wichtige Stellung ein. So beispielsweise im dritten Satz seines 2. Klavierkonzerts, in dem ein Solocello in den Vordergrund tritt, während alle anderen Instrumente, das Klavier eingeschlossen, eine überwiegend begleitende Funktion haben. Zu den bekanntesten Cellostücken gehört auch Brahms erste Cellosonate in e-moll, op. 38.
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Blütezeit des Instrumentalkonzerts für Violoncello. Bedeutende Werke dieser Gattung sind das Konzert für Violoncello und Orchester in a-Moll, op. 129 von Robert Schumann, das Cellokonzert Nr. 1 in a-Moll, op. 33 von Camille Saint-Saëns, die Rokoko-Variationen in A-Dur op. 33 von Pjotr Tschaikowsky und das Cellokonzert in h-moll, op. 104 von Antonin Dvořák, über die Du in unserem Artikel zu den berühmtesten Cellokonzerten mehr erfahren kannst.
Camille Saint-Saëns komponierte neben seinem berühmten Cellokonzert Nr. 1 ein weiteres Konzert für Violoncello und Orchester sowie eine Cellosuite und zwei Cellosonaten. Eine der bekanntesten Cellopartien überhaupt findet sich in seiner Orchestersuite Le Carnaval des animaux (der Karneval der Tiere), in deren 13. Satz (Le Cygne) das Cello als prächtiger Schwan auftritt.
20. Jahrhundert: Cellostücke der Moderne
Die Jahrhundertwende stand ganz unter dem Zeichen des Aufbruchs in die Moderne. Die Erfindung der Schallplatte machte es möglich, dass Musik auch außerhalb der Konzertsäle gehört und ein größeres Publikum erreicht werden konnte. Viele Einspielungen großer Cellovirtuosen dieser Zeit gelten bis heute als Maßstab in der Interpretation bekannter Cellostücke.
Zugleich brachte das neue Jahrhundert gesellschaftliche und politische Umwälzungen mit sich, die sich auch in der Kunst niederschlugen. Nie zuvor wechselten sich die künstlerischen Strömungen so schnell ab wie in der Zeit der Avantgarde.
Wichtige Vertreter der frühen musikalischen Avantgarde, wie Claude Debussy oder Igor Strawinsky, ließen die Celli in manchen ihrer Orchesterwerke prominent auftreten. Debussys Sonate für Violoncello und Klavier d-moll, L 135 gehört zu den meistaufgeführten Standardwerken für Cello des 20. Jahrhunderts. In der Abkehr von den Idealen der Wiener Klassik, verbindet die Sonate in drei Sätzen Verweise an die Barockmusik mit modernsten Spieltechniken und Harmonien.
Die Musik Debussys ist dem musikalischen Impressionismus zuzurechnen, der den Fokus der Musik von der Form auf das Klangbild verschob, das in erster Linie eine Atmosphäre schaffen und Eindrücke vermitteln sollte.
Eine ganz andere Strömung setzte mit der Entwicklung der Zwölftontechnik durch Arnold Schönberg um das Jahr 1920 ein. Die Zwölftonmusik ist atonal. Das bedeutet, dass sie nicht auf einen Grundton fixiert ist, sondern alle Töne gleichberechtigt verwendet. Eine Konsequenz dieser Kompositionsweise ist das Aufbrechen der bisher üblichen Harmonien. Dadurch wurde eine der radikalsten aber auch nachhaltigsten Entwicklungen in der Musikgeschichte angestoßen. Cellostücke, in denen die Zwölftontechnik angewandt wurde, findest Du unter anderem bei Ernst Krenek und Hans Werner Henze.
Die Auflösung von Tonalität, das Experimentieren mit unkonventionellen Spieltechniken und das Aufheben einer starren Rhythmik gehören zu den Hauptmerkmalen der Neuen Musik, die sich im Laufe das 20. Jahrhunderts in verschiedenste Richtungen entwickelte.
Paul Hindemith, einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Musik, distanzierte sich sowohl von der Dur-Moll-Tonalität als auch von Schönbergs Zwölftontechnik und suchte nach einer allgemeingültigen Musiksprache. Die ersten vier Sätze der Sonate für Violoncello solo, op .25 nr. 3 schrieb er an nur einem Abend im Wettstreit mit einem anderen, nicht bekannten, Komponisten. Das Werk bedient sich frei an den spielerischen Möglichkeiten des Cellos und schafft seine ganz eigene, abwechslungsreiche Klangwelt.
Die wohl eindrucksvollste Sammlung an alternativen Spieltechniken in einer Komposition findet sich in Pression für einen Cellisten von Helmut Lachenmann aus dem Jahr 1970. Der Komponist beschreibt darin unzählige, bis dahin nicht angewandten Mittel der Klangerzeugung auf einem Cello.
In gut 300 Jahren, von der Entstehung der ersten Solostücke für Cello bis zu Pression, hat die klassische Musik alle Facetten des Cellos ausgeleuchtet und die Vielseitigkeit des Instruments dem Publikum nähergebracht. Wenn du auch schon nach einem Geigenlehrer gesucht hast, kann dir Superprof bestimmt den richtigen empfehlen.










Interessanter Artikel. Ich vermisse tatsächlich das Cellokonzert von Elgar… wunderschönes Stück!