Der 1967 im US-Staat Indiana geborene Joshua Bell gilt als einer der bedeutendsten Violinisten seiner Generation. Er ist ein Tausendsassa, der nicht nur als Solist, sondern auch als Kammermusiker, Dirigent und Musikvermittler in Erscheinung tritt. Sein Repertoire reicht von den großen Werken der klassischen Musik und eigens für ihn komponierten modernen Werken über Filmmusik bis hin zu Stücken von Leonard Bernstein.
Bell wurde mit unzähligen Preisen ausgezeichnet, tritt regelmäßig im Fernsehen auf und ist Protagonist zweier Kinderbücher. Damit erlangte er, zumindest in den USA, auch bei einem breiteren Publikum eine große Bekanntheit.
In einem Artikel der ZEIT wurde Joshua Bell als „Hugh Grant der Klassik“ bezeichnet. Das verwundert nicht, ist doch zumindest vom Aussehen her eine Ähnlichkeit mit dem britischen Schauspieler kaum zu leugnen. Der Vergleich bezog sich zu Recht aber auch auf seinen unverkennbaren singenden Spielstil, der sich oft an der Grenze zum Kitsch bewegt, ohne in ihn zu verfallen.
Wir wollen dir in diesem Artikel den Violin-Virtuosen Joshua Bell näher vorstellen. Du erfährst alles über seinen Werdegang und seine vielseitigen Beschäftigungen.
Die Anfänge: Kindheit, Ausbildung und erste Erfolge von Joshua Bell
Joshua Bell wurde in Bloomington, Indiana (USA) als Sohn einer Therapeutin und eines Psychologen geboren. Seine musikalische Begabung wurde von seiner Mutter entdeckt als er vier Jahre alt war. Der kleine Junge befestigte Gummibänder an den Knäufen einer Kommode und spannte sie unterschiedlich stark, sodass beim dran Ziehen verschiedene Töne erklangen. Auf diesem selbst gebastelten Instrument spielte er Lieder nach, die seine Mutter zuvor am Klavier gespielt hatte.
Seine Eltern kauften ihm eine Geige und meldeten ihn im Alter von fünf Jahren zum Geigenunterricht an. Trotz des augenscheinlich außergewöhnlichen Talents, verlebte Joshua Bell eine verhältnismäßig normale Kindheit. Anders als beispielsweise Anne-Sophie Mutter, die von der Schulpflicht befreit wurde, um sich schon in jungen Jahren voll und ganz dem Geigenspiel widmen zu können, besuchte Bell weiterhin eine öffentliche Schule, spielte gerne Videospiele und verbrachte viel Zeit mit sportlichen Aktivitäten.
Auf der Suche nach dem besten Geigenlehrer für ihren Sohn stießen die Eltern Bell auf den klassischen Violinisten Josef Gingold, der Joshua ab 1979 unterrichtete. Gingold verstand es in dem Jungen eine große Leidenschaft für die Geige zu wecken. Laut eigener Aussage verstand er durch ihn, dass Musik mehr als nur ein Hobby sein kann.
Im Alter von 14 Jahren gab Joshua Bell mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Riccardo Muti sein Debüt als Solist. Nach seinem Schulabschluss an der Bloomington High School North begann er ein klassisches Musikstudium an der Indiana University Jacobs School of Music, an der er 1989 diplomiert wurde.
Sein erstes Konzert in der legendären Carnegie Hall in New York hatte Joshua Bell bereits 1985 im Alter von 17 Jahren mit dem Saint Louis Symphony Orchestra gegeben. Die ersten Studioaufnahmen entstanden 1986 bei Decca Records London, für die er Violinkonzerte von Felix Mendelssohn Bartholdy und Max Bruch mit der Academy of St. Martin in the Fields unter Neville Marriner einspielte. Erschienen ist das Album 1988.
Die internationale Karriere nahm ab 1990 nach einer Russland-Tournee mit dem American Russian Young Artists Orchestra Fahrt auf.
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Der Violin-Virtuose spielt mit den bedeutendsten Orchestern der Welt: Internationale Karriere als Solist
In den 1990er Jahren tourte Bell ausgiebig durch die USA und Europa, Asien und Australien. Dabei gastierte er bei allen führenden Orchestern der Welt und spielte unter der Leitung unzähliger bedeutender Dirigenten. Bis 1997 war er bei Decca London unter Vertrag und nahm für das Label insgesamt 13 Alben auf. Darunter befinden sich Violinkonzerte von Brahms, Schumann und Mozart sowie Violin-Sonaten von Prokofjew und Werke von Fritz Kreisler.
https://www.youtube.com/watch?v=cc6wloscbwY
Die letzte Veröffentlichung bei Decca war die Aufnahme eines Recitals in der Carnegie Hall, die Bell seinem 1995 verstorbenen Mentor, Lehrer und Vorbild Josef Gingold widmete. In der Folge wechselte der Joshua Bell zu Sony Music Entertainment, wo er bis heute unter Vertrag ist.
Insgesamt hat Joshua Bell mittlerweile über 40 Alben veröffentlich, von denen nicht weniger als sieben den ersten Platz der Billboard Classical Charts erreichten. So zum Beispiel Romance of the Violin (2004), Voice of the Violin (2006) und Vivaldi: The Four Seasons (2008).
Bei Aufnahmen wie bei Konzerten lässt Joshua Bell gerne auch gerne mal eigene Kadenzen in bekannte Violinkonzerte einfließen, die sich perfekt in die alten Werke einfügen und ihnen zugleich eine ganz persönliche, aktuelle Note verleihen. Dem Violin-Virtuosen beim Spielen zuzuschauen ist ein wahrer Genuss. Die Musik scheint durch seinen ganzen Körper zu strömen, bevor sie uns, nicht weniger genussvoll, zu Ohren kommt.
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Neben dem traditionellen klassischen Repertoire spielt Joshua Bell zeitgenössische Kompositionen, von denen er nicht wenige zur Uraufführung brachte. Oftmals handelte es sich dabei um Werke, die eigens für ihn komponiert wurden.
Im Laufe seiner Karriere wurde der Ausnahme-Geiger mit unzähligen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Er erhielt unter anderem 2003 den Indiana Governor’s Arts Award und 2007 den Avery Fisher Prize für seine herausragende Leistung als klassischer Instrumentalist. Zudem gewann er Preise wie den Grammy, den Mercury Award und den ECHO Klassik.
Joshua Bell besitzt eine Stradivari-Geige von 1713. Die sogenannte Gibson ex Huberman wurde in ihrer Geschichte bereits zweimal gestohlen. Nach dem zweiten Diebstahl 1936 galt sie fast 50 Jahre lang als verschollen, bis der Geiger Julian Altman auf seinem Sterbebett gestand, sie für 100 Dollar von einem Freund gekauft zu haben. Bell kaufte die Violine 2001 für etwa 4 Millionen Dollar. Heute wird ihr Wert auf ungefähr 14 Millionen Dollar geschätzt.
Wusstest du, dass auch der sogenannte Walzerkönig André Rieu eine Stradivari spielt?
Vielseitige Interessen: Der Stargeiger der Klassik-Szene schaut über den Tellerrand hinaus
Joshua Bell ist unumstritten einer der bekanntesten und beliebtesten klassischen Geiger unserer Zeit, der ein sein jüngeres Publikum genauso zu begeistern weiß, wie ältere Klassik-Liebhaber*innen. Sein Erfolg ist nicht zuletzt seiner musikalischen Vielseitigkeit zu verdanken, die sich nicht starr auf klassische Werke verschiedener Epochen beschränkt.
Obwohl er dem Crossover, wie er heute häufig praktiziert wird, gegenüber kritisch eingestellt ist, wagt er immer wieder Ausflüge in die Filmmusik und ins Broadway-Musical. Im Gegensatz zu Kolleg*innen wie Vanessa Mae, David Garrett oder auch Nigel Kennedy, die ständig auf der Suche nach einer Version eines Stücks sind, die zwei verschiedene Musik-Genres miteinander vereint, verfolgt Bell doch immer einen sehr klassischen Ansatz.
Eine besondere Zusammenarbeit entstand ab 1998 mit dem Komponisten John Corigliano, dessen Oscar prämierten Soundtrack zum Film The Red Violin (deutscher Titel: Die Rote Violine) Bell einspielte. Der Violinist übernahm bei den Filmaufnahmen zudem die Funktion des künstlerischen Beraters und die Rolle des Körperdoubles. Das Soundtrack-Album erschien 1999 bei Sony Classical.
John Corigliano schrieb in der Folge, inspiriert von der Arbeit an dem Film, ein Violinkonzert mit demselben Titel, das 2003 von Joshua Bell uraufgeführt und 2007 bei Sony Classical als Album veröffentlicht wurde. Joshua Bell widmete sich seither mehrmals der Filmmusik. So spielte er die Sologeige in den Soundtracks zu den Filmen Ladies in Lavender (dt.: Der Duft nach Lavendel), komponiert von Nigel Hess, und Angels & Demons (dt.: Illuminati), geschrieben von Hans Zimmer.
Neben der Filmmusik beschäftigte sich Joshua Bell auch immer wieder mit klassischen Arrangements großer Broadway-Kompositionen. Mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung des Filmkomponisten John Williams veröffentlichte er 1998 bei Sony das Album Gershwin Fantasy, das unter anderem eine Fantasie über Themen der Broadway-Oper Porgy and Bess enthält.
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Mit dem 2001 veröffentlichten Album Bernstein: West Side Story Suite brachte Bell seine Bewunderung für den Komponisten Leonard Bernstein zum Ausdruck. Die Platte enthält neben der von William David Brohn arrangierte West Side Story Suite mit den bekanntesten Themen aus dem Musical weitere Bernstein-Klassiker in einer eigens für Bell umgeschriebenen Version. Begleitet wird der Violinist vom Philharmonia Orchestra unter David Zinman.
Seit 2011 tritt Bell nicht mehr nur als Violinist, sondern mit der Übernahme der künstlerischen Leitung der Academy of St. Martin in the Fields auch als Orchesterleiter in Erscheinung. Bereits in den Jahren zuvor stand er einige Male als Gastdirigent vor dem Kammerorchester aus London. Damit sieht er sich in illustrer Gesellschaft mit anderen klassischen Solisten, die sich im Laufe ihrer Karriere auch dem Dirigieren widmeten, so zum Beispiel die Violin-Virtuosen Itzhak Perlman und Daniel Hope.
Die Musikvermittlung und die Förderung junger Talente nehmen einen wichtigen Platz in Bells Schaffen ein. Seit 2007 ist er Dozent an der Indiana University Jacobs School of Music. Im selben Jahr brachte er ein Violinkonzert des damals erst 15-jährigen Jay Greenberg zur Uraufführung.
Im Januar 2007 erregte das Experiment Pearls before Breakfast der Washington Post internationales Aufsehen. In schlichter Straßenkleidung und ein Basecap tragend stellte sich Joshua Bell mit seiner Stradivari-Violine in den Eingangsbereich einer Metro-Station. Während 45 Minuten spielte er Stücke von klassischen Komponisten wie Bach, Schubert und Massenet. Mit dem Experiment stellte der Journalist Gene Weingarten die Frage, ob Schönheit in einem alltäglichen Umfeld wahrgenommen werden könne.
Die Antwort viel ernüchternd aus. Von den rund tausend Menschen, die vorbeigingen, blieben nur sieben stehen, um ihm eine Weile zuzuhören und 27 Personen warfen etwas Geld in seinen Geigenkoffer. Insgesamt kamen lediglich 52,17$ zusammen, wovon 20$ von einem Mann kamen, der Bell erkannt hatte. Weingarten wurde für seinen Artikel mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
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Das Experiment inspirierte die Autorin Kathy Stinson zu ihrem Kinderbuch The Man with the Violin (2013). Vier Jahre später veröffentlichte Stinson mit Dance with the Violin ein weiteres Buch, in dem Joshua Bell als Protagonist auftritt. Weitreichende Bekanntheit außerhalb der Klassikszene erlangte Bell auch durch Auftritte in Fernsehsendungen wie den Grammy-Awards und der The Tonight Show von Johnny Carson, der Amazon-Serie Mozart in the Jungle sowie der Netflix-Serie Julie’s Greenroom.
Joshua Bells Geigenspiel ist leidenschaftlich; mal lieblich romantisch, mal kraftvoll mitreißend. Mit nicht weniger Elan widmet er sich seinen vielseitigen Projekten außerhalb des Solistendaseins. Sein noch immer jugendliches Aussehen und die bisher skandalfreien Karriere mögen zu dem Bild des makellosen, charmanten Virtuosen beitragen.









