Am Samstag den 15. März 2020 standen die Stadien der Fußball-Bundesliga leer. Die Würstchen- und Bierbuden der Eingangshallen verkauften keine einzige Halbe, keine einzige Pommes rot-weiß. Die Fankurven, die an jedem anderen Spieltag ihre Vereine mit rasender Leidenschaft unterstützt hätten, waren unbesetzt. Auch die Umkleidekabinen der Spieler, der technische Bereich der Vereinsangehörigen und die Kabinen der deutschen Fußballkommentatoren lagen brach.
Dieser Tag der Saison 2019/2020 wurde, gemeinsam mit den darauf folgenden zwei Monate, zu einem formenden Ereignis für die Bundesliga und den gesamten Vereinsfußball. Als der DFB den Spielbetrieb der Liga einstellte, als weder die Spieler von FC Bayern München, Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt, noch die von Hertha BSC Berlin, dem 1. FC Köln oder Borussia VfL Mönchengladbach ihren üblichen Gang auf den Rasen antraten, war etwas geschehen, was seit der Schaffung der höchsten deutschen Fußball-Liga noch nie geschehen war.

Seit der Gründung der Bundesliga ist der deutsche Fußball nicht ohne seine Fans zu denken, kein Verein ohne sein Stadion, welches sich Woche für Woche für Spieler und Fanlager zu einem absoluten Hexenkessel verwandelt. Dieses Verhältnis war und ist das, was die Bundesliga im internationalen Verhältnis besonders macht, der Stellenwert der Vereine und der Fans, sowie die wöchentliche Pilgerfahrt in das Stadion.
Auch auf finanzieller Ebene spielen die die Unterstützer der Vereine eine essentielle Rolle, was bis zur durch das Corona-Virus verursachten Einstellung des Spielbetriebs beinahe vergessen wurde. Dabei war vor der Gründung der Liga im Jahre 1962 nicht einmal klar, ob der Fußball in Form einer professionalisierten Bundesliga überhaupt ankommen würde. Würden genügend Fans zu den Spielen der Gründungsvereine um Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, Hertha BSC Berlin, VfB Stuttgart, den 1. FC Köln oder den 1. FC Nürnberg erscheinen und somit die finanzielle Stabilität der Vereine ermöglichen?
Mit der Gründung der deutschen Fußball-Bundesliga waren eine Reihe an Fragezeichen und Unsicherheiten verbunden, welche das Unterfangen zu einem Risiko für die Vereine und sonstigen Beteiligten machte. Schließlich entschied der DFB sich dazu, den Schritt zu wagen und blickt 60 Jahre später auf eine absolute Erfolgsgeschichte zurück, die auch die widrigsten Umstände überstehen konnte. Schauen wir uns diese Entstehungsgeschichte der Bundesliga mal genauer an: Warum wurde sie gegründet und wie lief der Gründungsprozess ab?
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Warum wurde die Bundesliga gegründet?
Mit dem Gründungsjahr 1962 ist die Bundesliga die jüngste der fünf großen Ligen Europas, vorausgesetzt man wertet die 1992 gegründete englische Premier League als Nachfolger der bereits 1888 gegründeten First Division. Warum aber dauerte es so lange, bis der DFB es schaffte, eine einzige deutsche Liga zu gründen, die als Oberhaus für die besten Spieler fungieren würde und den Fußball im Land professionalisiert hätte? Und was hatte sich 1962 geändert?
Der Deutsche Geist: Das föderale System
Eine Antwort auf diese recht komplexe Frage liegt sicherlich in einem Umstand, den wir in Deutschland recht gleichgültig hinnehmen. Anders als in vielen anderen Ländern Europas kontrolliert der föderale Gedanke unseren Alltag, von der Politik bis zum Sport. Im Fußball und dem deutschen Ligasystem äußerte sich das bis zur Gründung der Bundesliga darin, dass anstelle einer einheitlichen nationalen Liga ein Flickenteppich aus Regionalligen, Gauligen (während des Nationalsozialismus) und Oberligen (nach dem 2. Weltkrieg) existierte.
Der Deutsche Meister des DFB wurde damals durch ein K.O.-Turnier ermittelt, zu dem die Meister der jeweils teilnehmenden Ligen zugelassen waren. Diese unübersichtliche und für Zuschauer wenig attraktive Situation verhinderte, dass sich ein Wettbewerb entwickelte, in dem die besten Vereine miteinander konkurrieren und sich so insgesamt gegenseitig auf ein neues Niveau heben können. Der Gedanke dahinter ist recht simpel: Wenn der FC Bayern München und Borussia Dortmund zusammen in einer Liga spielen, in der sie stets Leistung bringen müssen um Meister zu werden, dann sind sie zu Höchstleistungen angeregt. Spielen sie die Meisterschaft in einem K.O.-System aus, so müssen sie sich vorher weniger anstrengen.
Nach der Schicht zum Training: Mangelnde Professionalisierung
Eng mit dem stark regional organisierten Fußball in Deutschland verbunden war auch eine mangelnde Professionalisierung der Vereine. Man stelle sich vor, ein Robert Lewandowski müsse, nachdem ihm der 10. Titel überreicht wurde, bei einem Möbelhändler arbeiten. Oder die Spieler des Hamburger SV würden nach dem Spieltag noch eine Schicht in der lokalen Kneipe einlegen. Genau das war in den 1950ern gang und gäbe.
Der Bomber der Nation, Gerd Müller, einer der besten deutschen Spieler aller Zeiten und bis heute Rekordtorschütze der Liga, arbeitete noch 1965 halbtags für einen Möbelhändler, während er für den FC Bayern München Tore und Titel sammelte. Willi Schulz zapfte bis 1963 Bier in einer Kneipe. Diese Situation war auch dafür verantwortlich, was wir heute den Bundesliga-Skandal nennen! Der Grund dafür lag darin, dass weder die alten Oberligen, noch die junge Bundesliga (sie wurde erst einige Jahre nach der Gründung vollständig professionalisiert) eine Profiliga waren. Die Gehälter wurden vom DFB nach oben hin begrenzt und auch die Prämien wurden gedeckelt.

Die Skepsis, aus dem deutschen Fußball ein professionelles Unterfangen zu machen, lag in der Angst der Verantwortlichen, die finanzielle Sicherheit könnte dadurch gefährdet werden. Denn die Ausgaben einer Mannschaft in der Oberliga waren deutlich geringer als die eines professionellen Vereins in einer professionellen Liga. Wer in der Oberliga scheiterte oder wenig Besucher bekam, der hatte wenig finanzielles Risiko. Das gleiche Szenario in der Bundesliga hätte allerdings den Ruin bedeuten können.
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Spanien, Italien, England… und wo bleibt Deutschland?
Das Resultat dieser mangelnden Professionalisierung im deutschen Fußball sowie des verhinderten Wettbewerbs war schließlich auch der Grund, warum der DFB und die beteiligten Vereine sich für die Gründung einer (zunächst halb)professionellen Liga durchringen konnten: Man war auf internationaler Ebene abgehängt!
Der internationale Fußball wurde von sämtlichen Mannschaften bestimmt, nur eben nicht von Mannschaften aus Deutschland. Schaut man sich die Liste der Sieger des Europapokals der Landesmeister oder des Europapokals der Pokalsieger an, so sucht man lange vergeblich nach Namen wie Werder Bremen, TSV 1860 München oder VfB Stuttgart. Erst 1967 konnte der FC Bayern München als erste deutsche Mannschaft den Europapokal der Pokalsieger gewinnen.
Auf der Ebene der Nationalmannschaft sah es nur bedingt besser aus. Zwar konnte man 1954 den WM-Titel gewinnen, was als Wunder von Bern in die Geschichtsbücher einging, aber dank des frühen Ausscheidens bei der Weltmeisterschaft 1962 in Chile herrschte eher Pessimismus vor. Der Abstand zu den internationalen Mannschaften und Verbänden, vor allem Spanien und Italien, war zu groß geworden, Spieler wechselten regelmäßig für mehr Geld in’s Ausland und die Meisterschaft in Deutschland war unattraktiv. Es musste sich etwas ändern.
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Die Gründung der Bundesliga
Der DFB-Bundestag in Dortmund, 1962
All diese Ideen und Überlegungen waren in den Jahrzehnten zuvor immer wieder angerührt worden. Aufgrund des hohen finanziellen Risikos konnte man sich jedoch erst 1962 dazu bewegen, eine professionelle deutsche Fußball-Liga zu gründen. Genau genommen war es auf dem DFB-Bundestag am 28. Juli 1962 in Dortmund, als die Delegierten des DFB, der regionalen Verbände sowie der Vereine die nötige Zweidrittelmehrheit erreichten, um die Fußball-Bundesliga, wie wir sie heute kennen, zu gründen.

Nicht jeder Verein war dabei überzeugt von der Idee, beispielsweise der 1. FC Nürnberg und der Hamburger SV sprachen sich gegen die neue Liga aus. Am Ende setzten sich die Befürworter um den Präsidenten des 1. FC Köln Frank Kremer sowie DFB-Präsident Hermann Neubürger durch. Wie bereits angedeutet wurde die Professionalisierung der Liga dabei recht vorsichtig durchgeführt, so fiel die Deckelung der Gehälter und Prämien beispielsweise nicht vollständig weg, sondern wurde nur leicht angehoben.
Wer darf mitmachen? Die Wahl der Gründungsvereine
Damit die erste Saison der Bundesliga beginnen konnte, mussten die Vereine bestimmt werden, die als Gründungsvereine mitmachen durften. Was nach einer einfachen Aufgabe klingt, stellte sich als Geduldsprobe heraus, denn von 74 Vereinen der Oberliga beworben sich letztlich 46 auf die insgesamt 16 Plätze. Neben Leistung und Stadion des Vereins spielte auch die Ansässigkeit eine Rolle.
Am Ende einigte man auf sich darauf, dass der Meister jeder Oberliga direkt qualifiziert wäre, was dazu führte, dass der der TSV 1860 München gegenüber dem FC Bayern München den Zuschlag erhielt, obwohl letzterer heute als einer der wichtigsten Vereine der Bundesliga gilt. Derartige kontroverse Entscheidungen wirkten lange nach, noch 60 Jahre später werfen Fans des Alemannia Aachen dem eben genannten Frank Kremer vor, dafür gesorgt zu haben, dass der eigene Verein nicht zu den Auserwählten gehört.

Schließlich wurde die allererste Saison der Fußball-Bundesliga von folgenden Vereinen bestritten:
- 1. FC Köln
- Meidericher SV
- Eintracht Frankfurt
- Borussia Dortmund
- VfB Stuttgart
- Hamburger SV
- TSV 1860 München
- FC Schalke 04
- 1. FC Nürnberg
- Werder Bremen
- Eintracht Braunschweig
- 1. FC Kaiserslautern
- Karlsruher SC
- Hertha BSC Berlin
- Preußen Münster
- 1. FC Saarbrücken
Die erste Bundesliga Saison 1963/1964
Die oben genannte Reihenfolge entspricht übrigens auch der Abschlusstabelle aus der ersten Saison. Der 1. FC Köln gewann also die erste in der Bundesliga ausgetragene deutsche Meisterschaft, bester Torschütze der ersten Bundesliga-Saison wurde Uwe Seeler vom Hamburger SV mit 30 Toren. Der erste Spieltag fand am 24. August 1963 statt, das erste Tor schoss Timo Konietzka für Borussia Dortmund nach 58 Sekunden im Spiel gegen Werder Bremen.
Die heutige Zahl von 18 Vereinen, die Zuschauer aus der Bundesliga gewohnt sind, wurde übrigens schon zwei Jahre nach der ersten Saison erreicht. Aufgrund des Zwangsabstiegs der Hertha BSC Berlin durfte der Vorletzte, der Karlsruher SC, in der Liga verbleiben. Kurzerhand ließ man auch den letztplatzierten Verein, Schalke 04, weiterhin in der Bundesliga spielen, wodurch 17 Vereine spielberechtigt waren. Die 18. Spielberechtigung bekam Tasmania Berlin, da der DFB unbedingt einen Verein aus Berlin in der Liga haben wollte. Da die Berliner dem Niveau der Liga jedoch nicht gewachsen waren, stieg man sang- und klanglos nach einer Saison als bis heute schlechteste Mannschaft der Bundesliga ab.