Durch die schiere Größe des Landes ist es kein Wunder, dass auch die russische Musik besonders vielfältig ist: Von Kasan über die Mongolei bis nach Wladiwostok finden sich zahlreiche Kulturen, deren Einfluss auf die russische Kultur auch in der Musik der Russischen Föderation spürbar ist.
Einige der bekanntesten russischen Lieder sind heute weltweit bekannt: Für den Fall, dass ihr sie nicht alle kennt, haben wir eine Top-10-Liste zusammengestellt, die euch als Überblick und Einstieg in die russische Musikwelt dienen soll! Auf geht es in den etwas anderen Russischkurs Online.
“Kalinka”
Wenn ihr das traditionelle Russland kennen lernen wollt, werdet ihr früher oder später auf Kalinka stoßen, soviel ist sicher.
“Kalinka” wurde 1860 von Ian Petrowitsch Larionow komponiert und bis heute zahlreiche Male neu interpretiert.
Wörtlich auf Deutsch übersetzt geht es in dem Lied um Tannen, Himbeeren und Herzbeeren, aber dahinter verbirgt sich eine tiefere Bedeutung.
Kalina, dessen Diminutiv Kalinka ist, ist nämlich einerseits die Bezeichnung für die Herzbeere, andererseits aber auch ein traditioneller slawischer Vorname für Frauen.

Im Text dieses beliebten Volksliedes wird also die Schönheit einer Frau besungen, so dass es als traditionelles russisches Liebeslied gesehen werden kann.
Diese Bedeutung wird spätestens in der dritten Strophe offensichtlich, wo der Text nicht mehr nur von Früchten und Pflanzen handelt, sondern explizit von einem "hübschen Mädchen" spricht.
Hier wird die Doppeldeutigkeit des Liedes deutlich, die sich aus der Metapher zwischen den Elementen der Natur und der Schönheit des Mädchen ergibt.
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“Katjuscha”
Das traditionell-sowjetische Lied “Katjuscha” ist ein weiterer Klassiker der russischen Kultur.
Es wurde 1938 von Michail Issakowski und Matwej Blanter komponiert und erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das ein Gebet für ihren Geliebten an der Front schreibt.
Anmerkung: Der Name "Katjuscha" ist eine liebevolle Kurzform von Jekaterina, der russischen Version von Katharina.
Das Lied wurde, nicht zuletzt vom Chor der Roten Armee, in zahlreichen Versionen interpretiert und zählt zu den größten Heiligtümern der russischen Bevölkerung.
So interpretierte auch die Sängerin Lidia Touslanova das Lied während des Zweiten Weltkriegs, um die Moral der Soldaten der Roten Armee zu stärken.
Katjuscha erinnert allerdings auch auf eine zynischere Art und Weise an den Zweiten Weltkrieg: So trugen die berühmten Mehrfachraketenwerfer, die von den Sowjets eingesetzt wurden, ebendiesen Namen, während die Nationalsozialisten sie als "Stalinorgeln" bezeichneten.
Seit einigen Jahren wird das Lied von der jungen Valeria Kurnushkina gesungen, die den Chor der Roten Armee auf Tourneen begleitet.
Nicht nur im Original auf russischer Sprache kann dieses Lied seine mitreißend und bewegende Wirkung entfalten:
Während der Weltmeisterschaft, als Russland gegen Kroatien verlor, stimmten mehr als 100.000 Menschen auf dem Heimweg gemeinsam Katjuscha an…
Es ist also ein ergreifendes Lied, das für den Erfolg in der Niederlage steht!
“Ich bin sehr froh, denn ich komme endlich nach Hause zurück” = der Trololo-Song!
Dieses internationale Hit wurde 1976 in Sankt Petersburg von Eduard Chil gesungen und überrascht mit seinem eher stumpf wirkenden Songtext.
Der Titel des Trololo-Songs ist "Я очень рад, ведь я наконец возвращаюсь домой" ("Ich bin sehr froh, denn ich komme endlich nach Hause zurück"), und ist in der ursprünglichen Version alles andere als inhaltslos:
Damals wurde der Text des Liedes, der die Geschichte eines Cowboys erzählt, der nach Amerika zurückkehrt, von der sowjetischen Regierung zensiert, weshalb Chil dazu gezwungen war, ihn zu überarbeiten.
Die hauptsächlich aus "hoho" oder “lololo" bestehende Version des Songs wurde um 2010 herum ein Internet-Hit, als sie auf YouTube Millionen von Aufrufen generierte und Khil den Spitznamen Trololo-Mann bescherte.
Übrigens: In seiner Heimatstadt Sankt Petersburg wurde nach Chils Tod im April 2012 ein Platz nach ihm benannt!
"Podmoskownyje Wetschera" (“Moskauer Nächte”)
Dieses Lied ist für die russische Musik das, was 99 Luftballons für deutsche Musik ist: ein unumgänglicher, national bekannter Hit für die Ewigkeit!
"Podmoskownyje Wetschera" wurde 1955 von Wassili Solowjow-Sedoi komponiert, wobei der Text von Michail Matussowski stammt, und war so erfolgreich, dass es zum offiziellen Titellied von Radio Moskau wurde, wodurch es sich noch schneller verbreitete.

Ursprünglich sollte das Lied “Leningradskije Wetschera” (Leningrader Nächte) heißen, jedoch änderten die Autoren den Titel auf Wunsch des sowjetischen Kulturministeriums, dass den Song in Auftrag gegeben hatte und Moskau für angemessener hielt.
Im Jahre 1957 konnte es den Sieg bei den Weltfestspielen in Moskau einfahren, was die internationale Popularität förderte.
Ursprünglich von Vladimir Troshin interpretiert, verbreitete es sich daher ab 1957 auch in China und 1959 unter der Coverversion des britischen Jazzmusikers Kenny Ball in Deutschland.
Andere Coverversionen wurden vom Chor der Roten Armee und nicht zuletzt vom Pianisten Van Cliburn gespielt, welcher mit seiner Performance Michail Gorbatschow, einer der bekanntesten Persönlichkeiten der russischen Geschichte, 1989 im Weißen Haus begrüßte.
Das Lied trägt also eine besondere durch den Kalten Krieg aufgeladene historische Bedeutung, die beim Anhören noch heute mitschwingt.
"Dorogoi Dlinnoju" (Den langen Weg entlang)
Das Lied "Dorogoi Dlinnojou", euch wahrscheinlich besser bekannt unter seinem englischsprachigen Namen “Those Were The Days”, ist ein Lied der russischen Romanze aus den 1920er Jahren.
Das von Boris Fomin komponierte und Konstantin Podrewski geschriebene Lied brauchte etwas Zeit, um internationale Bekanntheit zu erlangen, wurde in den 1960er Jahren aber zu einem Riesenhit und in zahlreichen Sprachen übersetzt (Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Persisch, Ungarisch).
Der internationale Ruhm wurde durch die Coverversion der US-Band The Limeliters von 1962 angestoßen und stieg durch eine Version von Mary Hopkin immer weiter an. Ihre 1968 aufgenommene Single verkaufte sich 5 Millionen Mal und gehörte zu den meistverkauften Singles der Welt.
Eine im Rheinland beliebte Version ist der Song “Superjeilezick” der Kölschrock-Band Brings, welcher bis heute ein absoluter Klassiker während der Karnevalssaison ist. Alaaf!
Kaum ein russisches Lied wurde international häufiger gecovert, "Dorogoi Dlinnoju” hat in ein paar Jahrzehnten insgesamt mehr als 40 Versionen auf dem Buckel! Auch in Russland ist der Song nach wie vor überall zu hören!
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“Kombat"
Das Lied "Kombat", 1996 von dem russischen Komponisten Igor Matvienko von der Rockband Ljube geschaffen, ist eines der bekanntesten Lieder Russlands.
"Kombat" steht für Bataillonskommandeur und erzählt die Geschichte eines Kommandanten, der mit seiner Truppe an der Front kämpft, anstatt sich hinter seinen Einheiten zu verstecken. Der Text zelebriert also den Patriotismus des Militärs und derjenigen, die für ihr Land kämpfen.
Ljube ist dafür bekannt, sich aggressiv und patriotisch zu präsentieren: Seit den 1990er Jahren hat die Gruppe sich auf Kriegsmusik spezialisiert.

Der Text des Liedes spricht Bände: "Kugeln, Wodka, Zigaretten, schießt, wo ihr sterbt".
Wie viele andere Lieder aus Russland dreht sich auch dieses Lied um eine patriotische Vorstellung von Ehre, Krieg und Vaterland.
Schaut man sich den zeitlichen Kontext der Band an, die den Fall der Sowjetunion und die Hochzeiten sowjetischer Kriegspropaganda miterlebte, lässt sich auch erkennen, woher die Faszination mit solch nationalistisch anmutenden Themen herkommt.
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Proshchaniye slavyanki (“Abschied der Slawin”)
Dieser patriotische Marsch wurde während des Ersten Balkankriegs (1912-1913) vom Russen Wassili Agapkin komponiert und erzählt von bulgarischen Frauen, die ihre in den Krieg ziehenden Ehemänner und Geliebten verabschieden.
Das Lied existiert in zwei Versionen aus den Jahren 1912 und 1997, deren Texte sich leicht unterscheiden.
Mehrere Jahre lang versuchten namhafte russische Komponisten, die Musik zur russischen Nationalhymne zu machen, was ihnen jedoch nicht gelang.
Natürlich gehört “Abschied der Slawin” auch zum Repertoire des Chors der Roten Armee
"Rjumka wodki na stole" (“Glas Wodka auf dem Tisch”)
Spätestens jetzt müssen wir uns fragen, ob nicht in den meisten Klischees auch ein Fünkchen Wahrheit steckt: In diesem russischen Klassiker geht es nämlich um das russische Produkt schlechthin - den Wodka!
Kein Getränk wird mehr mit Russland und seiner Kultur verbunden wie der klare hochprozentige Wodka und auch dieses Lied ändert nichts an dieser Tatsache.
“Rjumka wodki na stole” entstammt der Feder des russischen Musikers Jewgeni Grigorjew, der die Rechte für das Lied dem Sänger Grigori Leps überließ. Leps’ Interpretation im Jahre 2002 wurde nicht nur in Russland, sondern auch im gesamten postsowjetischen Raum ein großer Erfolg.

Das ziemlich pessimistische Lied ist merklich von der Zeit der Sowjetunion beeinflusst und basiert auf das folgende russische Sprichwort: "Sage dich nicht los von Bettelsack und Kerker", was sinngemäß bedeutet, dass Armut und Elend auch diejenigen treffen kann, die im Moment weit davon entfernt sind.
"Alyosha"
Nicht zu verwechseln mit der ukrainischen Sängerin Aljoscha, Teilnehmerin am Eurovision Song Contest 2010!
Das 1966 von Eduard Kolmanovsky komponierte und von Konstantin Wanschenkin geschriebene Lied "Alyosha" handelt von einem Denkmal mit dem gleichnamigen Namen, das in der bulgarischen Stadt Plovdiv errichtet wurde.
Das Denkmal erinnert an die sowjetischen Soldatinnen und Soldaten, die während der bulgarischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg starben, und das Lied soll diese Erinnerung im russischen Kollektivgedächtnis weiterführen.
“Alyosha” ist in Bulgarien und Russland besonders beliebt und wurde über die Jahre regelmäßig bei kulturellen Events gespielt.
“Kasatchok”
Dieses russischsprachige Lied stammt ursprünglich aus der Ukraine und repräsentiert für viele genau das, was die russische Kultur ausmacht. Es entspringt nämlich dem gleichnamigen Kasatchok, einem traditionellen kosakischen Tanz, der dessen Ursprünge bis in das 16. Jahrhundert reichen.
Das Lied wurde in den 1970er Jahren bekannt, als der bulgarische Sänger Boris Rubaschkin aus dem kommunistischen Sowjetblock ins (kapitalistische) Westeuropa flüchtete, wo er das Lied komponierte.
“Ej, hau ruck!” (Lied der Wolgaschlepper)
Zu guter Letzt schauen wir uns ein Opernlied an, das, wie oft bei russischen Orchesterliedern, mit einer gewissen Härte und Melancholie besticht.
Das “Lied der Wolgaschlepper" schildert das Leiden der unteren Klassen zur Zeit des kaiserlichen Russlands (1721-1917).
Das Lied zollt den Wolga-Schiffsleuten (im weiteren Sinne allen Schiffsleuten der Welt) Tribut, die von ihren Schiffermeistern ausgebeutet werden.
Das “Lied der Wolgaschlepper” ist eigentlich ein traditionelles Volkslied aus der Wolgaregion, welches der russische Komponist Mili Balakirew während einer Reise aufschnappte und 1889 gemeinsam mit anderen gesammelten Liedern in seiner “Sammlung der russischen Volkslieder von N.M. Lopatin und W.P. Prokunin” veröffentlichte.
Der russische Opernsänger Fedor Schaljapin (1873-1938) machte das Lied populär, wodurch es zum festen Bestandteil zahlreicher Basskonzerte und Chöre (darunter auch der Chor der Roten Armee) wurde.
Die Bekanntheit des Liedes konnte in der Folge sogar die Grenzen überschreiten: 1922 schrieb der spanische Komponist Manuel de Falla ein Klavierarrangement unter dem Titel "Canto de los remeros del Volga”.
De Falla arbeitete im Auftrag des Völkerbunds, welcher unter anderem mit den durch die Neufassung generierten Einnahmen mehrere Millionen russische Geflüchtete finanziell unterstützte, die während des Ersten Weltkriegs vertrieben, deportiert oder inhaftiert wurden.
In den USA erreichte das Lied 1941 unter dem ins Englische übersetzten Namen “Song of the Volga Boatmen” den ersten Platz der Verkaufscharts, auch in Deutschland, Frankreich und zahlreichen anderen Liedern existieren einige Versionen.