„Toute la musique que j'aime, (…) elle vient du Blues“ (All die Musik, die ich liebe, kommt vom Blues) sang die französische Rock'n'Roll-Legende Johnny Hallyday 1973. Die Aussage überrascht nicht wirklich, haben doch viele Musikstile, allen voran der Rock in all seinen unterschiedlichen Formen, ihre Wurzeln im Blues.
Von den Anfängen bis heute, ist die Gitarre das wichtigste Instrument, das den Stil geprägt hat und, ob solo oder einer Band, so gut wie immer mit von der Partie ist. Das liegt vor allem daran, dass sie im Vergleich zu anderen Instrumenten in der Anschaffung nicht besonders teuer ist, man kann sie leicht transportieren und etwas weniger empfindlich auf die klimatischen Bedingungen im Mississippi-Delta, der Wiege früher Bluesformen, reagiert.
Wir wollen dir hier einige bedeutende Blues-Gitarrist*innen vorstellen, die den Stil geprägt, zukünftige Entwicklungen in Gang gesetzt haben oder heute noch für das Weiterleben der traditionsreichen Musik sorgen.
Bei der Erstellung einer Liste von besten und bedeutendsten Musiker*innen eines Genres oder eines Instruments steht man immer vor dem Problem, dass es erstens für die Beurteilung keine allgemeingültigen Kriterien gibt und zweitens, nie alle Künstler*innen aufgezählt werden können, die einen Platz auf Liste verdient hätten. Wir haben uns hier für eine möglichst große Vielfalt entschieden und verzichten aus den genannten Gründen auch auf eine Rangliste.
Robert Johnson (1911-1938)
Einer der frühesten Gitarristen, die einen nachhaltigen Einfluss auf viele spätere Musiker hatten war Robert Johnson. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Delta Blues; eine sehr archaische Blues-Richtung, die in den 1910er-Jahren entstand.
Robert Johnson komponierte als einer der ersten Bluesmusiker gezielt für Schallplattenaufnahmen. Das hieß in erster Linie, die Stücke auf eine Dauer von drei Minuten zu beschränken, damit sie vollständig auf eine Schelllackplatte passten.
Legendäre Bekanntheit erlangte Robert Johnson vor allem durch sein Gitarrenspiel, bei dem er Basslinie, Rhythmus und Leadstimme auf so meisterhafte Weise miteinander verbindet, dass es klingt, als würden zwei oder drei Gitarren gleichzeitig gespielt. Hinzu kommt sein außergewöhnlicher Gesang, der nicht selten etwas Verzweifeltes hat und einen gleichwertigen Gegenpart zur Gitarre bildet.
Seine Fähigkeiten schürten das Gerücht, Robert Johnson hätte seine Seele dem Teufel verkauft. Angeheizt wurde die Legendenbildung nicht zuletzt auch durch seinen frühen Tod im Alter von 27 Jahren unter ungeklärten Umständen.
Muddy Waters (1913-1983)
Muddy Waters war eine der entscheidenden Figuren bei der Popularisierung des Blues und damit auch beim Siegeszug der E-Gitarre. Ende der 1940er-Jahre veröffentlichte er seine ersten Platten und wurde in der Szene schnell zum „King des Chicago-Blues“ erkoren.
Während der Blues in den USA über einen langen Zeitraum vor allem von afroamerikanischen Musiker*innen gepflegt wurde und beim Weißen Publikum kein bedeutendes Interesse erweckte, fand Muddy Waters in den späten 50-er Jahren in Europa, insbesondere Großbritannien, eine breitgefächerte, junge Fangemeinde. Bands wie die Rolling Stones wurden nachhaltig von seiner Musik geprägt.
Als Gitarrist war Muddy Waters kein Virtuose, der durch atemberaubender Griffbrett-Akrobatik fasziniert. Seine Qualität lag in einem lebhaften, intensiven Songwriting, das die Essenz eines jeden Stücks auf den Punkt brachte. Einfache, aber prägnante Riffs, eine gefühlvolle, bluesige Melodieführung und eine klare, oft leicht aggressive Rhythmik machten Muddy Waters zu einem der Urväter der späteren Rockmusik.
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Sister Rosetta Tharpe (1915-1973)
Bevor die Rolling Stones und die Beatles beeinflusst von Muddy Waters die Rockmusik revolutionierten, war die Welt bereits seit einigen Jahren dem Rock’n’Roll-Fieber erlegen. Große Pioniere und Superstars des Jugendphänomens, wie Chuck Berry und Elvis Presley, beriefen sich allesamt auf ein gemeinsames Vorbild: Sister Rosetta Tharpe.
Die Blues-Gitarristin und Gospel-Sängerin verabschiedete sich von gängigen Konventionen und mischte Elemente aus den verschiedenen Stilen zu ihrer ganz eigenen Musik. Sie schmetterte den Blues mit ihrer kräftigen Gospel-Stimme und ersetzte den Chor durch eine kleinere Gruppe aus Background-Sänger*innen. Als alleinige Frontfrau überzeugte sie durch ihren Gesang, ihre Bühnenpräsenz und auch ihre Gitarrensoli, die in dieser Form dargeboten eine Neuheit in der Musikgeschichte waren.
In schnellem, swingendem Tempo und mit der, beim Banjo spielen üblichen, Clawhammer-Picking-Technik gab Sister Rosetta Tharpe klassischen Blues-Riffs und -Licks eine vollkommen neue Energie und Klangfarbe.
B. B. King (1925-2015)
Ein untrennbares Duo, das Musikgeschichte formten B. B. King und seine Gibson-Gitarre Lucille. Kaum ein anderer Gitarrist vermochte seinem Instrument so gefühlvolle Klänge zu entlocken und selbst mit kurzen Solo-Phrasen für große Emotionen zu sorgen. Charakteristisch für den Sound von B. B. King ist das sogenannte Butterfly-Vibrato, bei dem der schwingende Klangcharakter durch eine Bewegung aus dem Handgelenk der Greifhand entsteht.
In seiner mehr als 60-jährigen Karriere veröffentlichte B. B. King unzählige Alben, von denen nicht wenige zu den wichtigsten und einflussreichsten Aufnahmen der Blues-Geschichte gehören. Als Gitarrist und Sänger wurde er zu einem der großen Idole aller Blues-Liebhaber*innen. In den nachfolgenden Generationen von Gitarrist*innen gab und gibt es wenige, die sich nicht auf B. B. King berufen. Zu seinen Bewunderern zählen auch Eric Clapton und Jimi Hendrix.
B. B. King hat im Blues eine ähnliche Stellung, wie sie Wes Montgomery für Jazz-Gitarrist*innen hat.
Gary Moore (1952-2011)
Nach diesen vier frühen, stilprägenden Blues-Gitarrist*innen machen wir nun einen Zeitsprung und widmen uns vier Musiker*innen, die den Blues am Leben hielten und halten, während in den Radio-Playlists und Verkaufscharts längst von Rock- und Popmusik dominiert werden.
Tatsächlich feierte auch Gary Moore große Erfolge im Hard Rock und Heavy Metal. Ohne Zweifel hätte auch er es unter die besten Metal-Gitarristen aller Zeiten schaffen können. Ab 1990 wandte er sich jedoch seiner ursprünglichen Leidenschaft, dem Blues, zu.
Mit dem Chartstürmer Still Got The Blues spielte er sich und seinen modernen Bluesrock in die Herzen eines breiten Publikums. Neben seiner herausragenden, durch harte Disziplin erarbeiteten Spieltechnik, sticht er durch eine gefühlvolle Melodieführung heraus, die sich an die Licks von Blues-Größen wie B. B. King, Albert King und Peter Green anlehnt.
Stevie Ray Vaughan (1954-1990)
Als Gary Moore seine Charterfolge feierte, war das Leben des großen Vorreiters des Bluesrock Stevie Ray Vaughan bereits durch einen Hubschrauberabsturz tragisch beendet worden. In den 80-er Jahren hatte er durch seinen ganz eigenen Stil mit Einflüssen aus Blues, Rock und Jazz für ein Blues-Revival gesorgt.
Sein Solo-Spiel stach vor allem durch eine riesige Bandbreite an Phrasierungs-Variationen aus der Maße heraus. Er schaffte es, dem traditionellen Blues-Material eine Vielseitigkeit abzugewinnen, die ihresgleichen sucht. Stevie Ray Vaughan war ein ebenso guter Rhythmus- wie Leadgitarrist, der es verstand in schnelleren Songs hart und aggressiv, in Balladen gefühlvoll und dynamisch zu spielen, ohne jemals an Energie und Ausdruck einzubüßen.
Stevie Ray Vaughan wurde oft mit Jimi Hendrix verglichen und wird in der Regel auch in genreübergreifenden Ranglisten der besten Gitarristen auf einen der vorderen Plätze gewählt.
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Joe Bonamassa (geboren 1977)
Dass der Blues auch im 21. Jahrhundert noch seinen berechtigten Platz in der aktuellen Musikszene hat, stellt Joe Bonamassa unter Beweis. Bereits im Alter von 12 Jahren durfte der Jungvirtuose im Vorprogramm von B. B. King auftreten. Nachdem er anschließend in der Band Bloodline erste Live- und Studioerfahrungen gesammelt hatte, startete er 2000 eine Solo-Karriere.
Seine Studio-Alben zeugen von einer musikalischen Vielfalt und Experimentierfreude, egal, ober sich beim Covern von Blues-Klassikern oder an eigenen Kompositionen austobt. In seinem wahren Element ist er aber auf der Bühne. Joe Bonamassa ist ein außerordentlich präsenter, kraftvoller Musiker, der sein Publikum als Sänger wie als Gitarrist zu begeistern versteht.
In seinem äußerst melodiösen Solo-Spiel wechselt er fliegend von schnellen 16tel-Läufen zu swingenden Passagen, in denen vor allem die aneinandergereihten Bendings herausstechen. Joe Bonamassa steht für einen modernen Blues-Sound, der seine Wurzeln stets gerecht wird.
Samantha Fish (geboren 1989)
Die jüngste Gitarristin in unserer Liste ist Samantha Fish, die seit gut zehn Jahren einen neuen, jugendlichen Schwung in die Blues-Szene bringt. In kleiner Band-Besetzung aus oft nur Gitarre, Bass und Schlagzeug mischt sie hemmungslos ihren ganz eigenen genreübergreifenden Musikstil zusammen.
Dabei zeigt sie immer wieder, dass sie sich in der Blues-Tradition richtig gut auskennt und alle Spielweisen zu bedienen weiß; mal klingt es nach Delta Blues, dann wieder nach Muddy Waters. Früher oder später kommen aber immer drückende, teilweise harte Rocksounds und -Rhythmen hinzu. Die Songs von Samantha Fish kombinieren die Kraft des klassischen Blues-Storytelling mit zeitgenössischen Formen und Klängen.
Neben einer Telecaster spielt sie live häufig eine elektrisch verstärkte Cigar-Box-Guitar, was zu einem ihrer Markenzeichen geworden ist.
Zum Abschluss unserer Liste, möchten wir doch noch einige weitere Namen von unumgänglichen Bluesgitarristen nennen, um die man nicht herumkommt, wenn man sich für die Blues-Gitarre in all ihren Facetten interessiert.
- T-Bone Walker (1910-1975)
- John Lee Hooker (1917-2001)
- Elmore James (1918-1963)
- Albert King (1923-1992)
- Freddie King (1934-1976)
- Buddy Guy (geboren 1936)
- Johnny Winter (1944-2014)
- Peter Green (1946-2020)
- Rory Gallagher (1948-1995)
Vor einem guten Jahrhundert in den Südstaaten der USA entstanden, hat der Blues so einige Entwicklungen mitgemacht und ist zeitweise von seinen rockigen Abkömmlingen in den Hintergrund gedrängt worden. Glücklicherweise gibt es immer wieder hervorragende Gitarrist*innen, die ihm neues Leben einhauchen und einen Weg in die Zukunft bahnen.
Sehr gute Erläuterungen zu einzelnen Künstlern und zur Entwicklung des Blues.