Unter Finger Style oder Finger Picking werden gemeinhin alle Spieltechniken zusammengefasst, bei denen man die Gitarrensaiten mit den Fingern zupft, anstatt sie mit einem Plektrum anzuschlagen. Häufig wird diese Art des Spielens verwendet, um Lieder zu begleiten. Gleichzeitig lassen sich damit auch solistische Instrumentalstücke spielen.
Bei Fingerstyle handelt es sich also nicht um einen Musikstil im eigentlichen Sinne. Vielmehr lässt sich die Technik in verschiedensten Genres anwenden und wird jeweils an die klanglichen Anforderungen angepasst. In der klassischen Gitarrenmusik und im Flamenco kommt das Picking genauso zum Einsatz wie beispielsweise in der Country Musik oder im Blues. In den letzten Jahren hat sich zudem ein instrumentaler Gitarrenstil herausgebildet, der oft als „Percussion-Guitar“ oder eben auch als „Fingerstyle Guitar“ bezeichnet wird.
Nach einer kurzen allgemeinen Einführung wollen wir dir in diesem Artikel verschiedene Arten des Finger Picking etwas näherbringen. Dabei konzentrieren wir uns ausschließlich auf die solistische Spielweise in der klassischen Musik, das Travis-Picking, das vor allem im Folk und Country verwendet wird sowie den modernen Percussion-Guitar-Stil.
Was muss man wissen, um Fingerstyle auf der Gitarre zu spielen?
Die verschiedenen Fingerstyle-Techniken erlauben es, dass eine einzelne Gitarre so klingen kann, also ob mehrere Musiker*innen gemeinsam spielen würden. Dafür werden in der Regel eine Basslinie, Akkorde und die Melodie gleichzeitig gespielt; zusätzlich können auch noch perkussiver Elemente hinzukommen.
Welche Gitarre für Fingerstyle?
Welche Gitarre für Finger Picking geeignet ist, hängt in erster Linie von dem Stil ab, den du spielen willst. Während klassische Gitarrenmusik natürlich auf einer klassischen Gitarre am besten klingt, wird für Folk, Country und Blues in der Regel eine Westerngitarre mit Stahlseiten, aber auch E-Gitarren verwendet. Eines der berühmtesten Beispiele für Fingerpicking in der Rockmusik ist Mark Knopfler.
Der moderne Fingerstyle lässt sich auf jeder beliebigen Gitarre spielen. Hier geht es unter anderem auch darum, einen eigenen Stil und Klang zu finden. Die Wahl der passenden Gitarre ist also nicht zuletzt auch Geschmackssache. Nicht wenige Gitarrist*innen wählen dafür Folk-Gitarren mit größerem Korpus. Die Stahlsaiten klingen lange nach und der große Resonanzraum sorgt für das gewünschte Volumen.
Tipps für den perfekten Start ins Finger Picking
Die Pflege deiner Fingernägel ist allgemein beim Gitarrenspielen ein wichtiges Thema. Wenn du Fingerstyle spielen willst, solltest du dich nicht nur um deine Greif-, sondern auch um deine Schlag- beziehungsweise Zupf-Hand kümmern. Während an der Greifhand (bei Rechtshänder*innen die linke) die Nägel ganz kurz geschnitten sein sollen, gibt es zu der idealen Länge der Nägel der rechten Hand (Schlaghand) verschiedene Ansichten.
Viele Gitarrist*innen bevorzugen, sie etwas länger wachsen zu lassen als an der anderen Hand, da sie bei der Picking Technik zum Einsatz kommen und einen Einfluss auf den Klang haben. Wichtig ist aber, dass du sie nicht einfach auf die gewünschte Länge zurückschneidest, sondern sie mit einer Nagelfeile in Form bringen. Es dürfen keine Ecken vorhanden sein, mit denen du hängen bleiben kannst und keine scharfen Kanten, die an den Saiten reiben könnten. Der ideale Gitarrist*innen-Fingernagel gleitet ganz sanft über die Saiten.
Bei Nylon-Saiten ist dieser Effekt einfacher zu erreichen und zu erhalten. Stahlsaiten sind rauer und härter. Dies führt auch dazu, dass der Nagel stärker beansprucht wird und sich eher abnutzt oder sogar brechen kann. Manche Gitarrist*innen benutzen Fingerpicks, um ihre Nägel zu schonen oder auch um den Klang zu verändern.
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Die Position der rechten Hand kann je nach Stil und Vorliebe variieren. Während manche Gitarrist*innen die Hand an den Steg anlegen, lassen andere sie in der Luft schweben oder stützen sich mit dem kleinen Finger an der Decke ab. In jedem Fall solltest du aber darauf achten, dass die Bewegung beim Picken immer aus dem ganzen Finger kommt, aber nicht aus der Hand.
Damit du auch in hoher Geschwindigkeit spielen kannst und die nötige Stabilität hast, die richtigen Saiten zu treffen, sollte sich die Hand nie zu weit von den Saiten entfernen. Du kannst auch einzelne Finger auf „ihre“ Saite ablegen, wenn sie gerade nicht im Einsatz sind. So verlierst du weniger schnell die Orientierung. In der Regel werden die zwei oder sogar drei tiefsten Saiten mit dem Daumen gespielt und allen weiteren Saiten je ein Finger zugeordnet.
Die Vielseitigkeit von Fingerstyle
Schauen wir uns nun also einige konkrete Beispiele von Fingerstyle Gitarrenmusik an. Allen gemeinsam ist, dass sie eine gute Koordination verlangen und die Finger unabhängig voneinander kontrolliert werden müssen. Insbesondere der Daumen kommt fleißig zum Einsatz und muss regelmäßig die Saiten wechseln.
Mit den restlichen Fingern werden die Saiten mal einzeln, mal gleichzeitig angeschlagen. Je nachdem ob sie Begleittöne oder die Melodie spielen, variiert die Stärke, mit er die Saite gezupft wird. Damit die Melodie gut hörbar ist, muss sie etwas lauter sein als der Rest.
Die drei Beispiele, die wir dir hier etwas näher vorstellen, sind keineswegs als in sich geschlossene Formen zu verstehen. Vielmehr kommen im modernen Fingerstyle viele unterschiedliche Einflüsse und Spieltechniken zusammen.
Wusstest du, dass auch im Jazz das Zupfen der Saiten keine Seltenheit ist?
Travis-Picking
Benannt ist das Travis-Picking nach dem Country-Gitarristen Merle Travis. Die beliebte Technik kommt neben dem Country insbesondere auch im Rockabilly zur Anwendung. Eine klassische Rockballade, die mit Travis-Picking gespielt wird, ist „Dust in the Wind“ von Kansas.
Das Besondere an dieser Spielweise ist, der durchgängige Wechselbass, bei dem der Daumen auf jeden Schlag einen Basston spielt und stetig zwischen den drei tiefsten Saiten hin und her wechseln muss.
Für einen starken und präzisen Daumen-Anschlag wird für diese Spielweise häufig ein Thumb Pick verwendet. Das Travis-Picking kann einerseits als Begleit-Pattern, andererseits aber auch für Solo-Gitarre eingesetzt werden. Dann spielen die restlichen Finger neben den Akkordtönen auch die Melodie.
Ein wahrer Meister des Travis-Pickings Chet Atkins, der die Spielweise weiter ausgebaut und perfektioniert hat. Der Atkins-Stil hat unzählige Gitarrist*innen inspiriert und wird bis heute gepflegt und weiterentwickelt.
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Fingerpicking in der Klassik
In der klassischen Gitarrenmusik ist das Zupfen der Saiten die übliche Spieltechnik. Ein Plektrum wird in der Klassik nicht verwendet. Auch hier sind Solo-Stücke so aufgebaut, dass mit nur einem Instrument sowohl die Begleitung als auch die Melodie gespielt wird.
In den meisten Fällen funktioniert es ganz gut, wenn der Daumen für die drei Basssaiten zuständig ist und der Zeige-, Mittel- und Ringfinger jeweils einer Saite zugeordnet werden. Klassische Gitarre lernt man in der Regel nach Noten spielen. Für Anfänger*innen gibt es darin teilweise auch Hinweise, welche Saite mit welchem Finger gezupft werden soll. Dafür werden die spanischen Bezeichnungen für die Finger verwendet:
- Daumen: p (pulgar)
- Zeigefinger: I (indice)
- Mittelfinger (mayor oder medio)
- Ringsinger: a (anular)
- Kleiner Finger: c (chiquito)
Ob in der Klassik mit den Fingernägeln oder den Kuppen gespielt werden soll, ist seit dem 19. Jahrhundert ein viel diskutiertes Thema zwischen zwei Lagern. Obwohl sich das Nagelspiel als die beliebtere Variante durchgesetzt hat, gibt es durchaus klassische Gitarrist*innen, die das Kuppenspiel bevorzugen. Als Hauptargument für das Spielen mit den Nägeln, wird der brillantere Klang, der dadurch auf den Nylonsaiten erzeugt werden kann, ins Feld geführt.
Die klassische Gitarrenmusik hat für jedes Niveau wunderschöne und spannende Stücke zu bieten, mit denen du deine Fingerpicking-Fähigkeiten üben oder weiter ausbauen kannst. Achte bei der Wahl der Stücke darauf, dass sie deinem aktuellen Stand entsprechen und fange beim Üben in einem langsamen Tempo an, damit du die Finger richtig zu koordinieren lernst.
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Moderner Fingerstyle
Kommen wir nun zum dem Gitarrenstil, der häufig gemeint ist, wenn von „(Acoustic) Fingerstyle“ oder „Percussion-Guitar“ die Rede ist. In den letzten Jahren hat sie, nicht zuletzt durch YouTube-Videos mit spektakulären Cover-Versionen oder Eigenkompositionen auf der Gitarre, an Popularität gewonnen hat. Zahlreiche Gitarrist*innen stellen die Tabs ihrer eigenen Songs oder Arrangements bekannter Pop-Songs oder Film-Soundtracks online zur Verfügung.
Charakteristisch für den Stil sind die perkussiven Elemente, die durch das Schlagen auf die Decke oder die Saiten eingebaut werden. Um die klangliche Vielfalt zu erreichen, sind beide Hände in stetiger Bewegung. Die rechte Hand entfernt sich dabei häufig von ihrer klassischen Position in der Nähe des Schalllochs hin zum Griffbrett, während die linke Hand die perkussiven Schläge auf den Korpus übernimmt.
Bei dieser Spielart kommen alle erdenklichen Stilmittel zum Einsatz. Neben in vielen Stilen geläufigen Techniken wie Slides, Hammer-On und Pull-Offs, gehören auch artificial Harmonics (künstliche Obertöne) oder Tapping zu den viel verwendeten Mitteln. Die Veränderung der Tonhöhe wird teilweise durch das Drehen der Wirbel verändert.
Damit die Hände ausreichend Zeit für ihre verschiedenen Aufgaben haben, werden im modernen Fingerstyle üblicherweise offene Stimmungen verwendet. Dabei werden die Saiten so gestimmt, sodass leer angeschlagen ein einfacher Dur- oder Moll-Akkord entsteht.