Um Klavier spielen zu lernen gibt es nicht den einen richtigen Weg. Verschiedene Ansätze und Spielweisen können dir sogar dabei helfen, effektiver zu lernen. Indem du dich unterschiedlichen Musikstilen widmest, erweiterst du dein theoretisches Wissen sowie deine technischen Fertigkeiten. Dasselbe gilt für die Abwechslung aus Stücke nach Noten üben, Blattspiel und freiem Spiel.
In diesem Artikel wollen wir dir eine Übersicht über verschiedene Möglichkeiten geben, wie du deine Übungsroutine abwechslungsreicher gestalten und auch mal ohne Noten spielen kannst. Dadurch kannst du dein Repertoire an Stücken vergrößern und wirst flexibler, um auch mal spontan mit anderen zusammen Musik zu machen.
Zunächst werden wir dir kurz erklären, wie du Blues auf dem Klavier spielen kannst. Im Blues wird viel improvisiert und die musiktheoretischen Grundlagen, die du dir dafür aneignest, werden dir auch in anderen Musikstilen weiterhelfen; unter anderem für den Boogie-Woogie. Die Basis ist im Boogie dieselbe wie im Blues. Der Stil wird aber deutlich schneller gespielt. Das klingt nicht nur richtig gut, sondern kann dir auch helfen, deine technischen Fertigkeiten weiterzuentwickeln.
In der zweiten Hälfte des Artikels widmen wir uns zwei Spielpraktiken, die dich beim Spielen freier machen können, dein Verständnis für das Klavierspiel und die Musik im Allgemeinen voranbringen und dir vor allem deine Spontaneität beim musizieren mit anderen erhöhen. Du erfährst, wie du auch ohne Noten Lieder begleiten kannst und wie du lernen kannst, Noten vom Blatt zu spielen, ohne zuvor zu üben.
So kannst du Blues Piano spielen lernen
Ein Großteil der Populärmusik des letzten Jahrhunderts geht auf den Blues zurück oder bedient sich zumindest an Elementen daraus. Blues Piano spielen zu lernen führt dich deshalb an Kenntnisse heran, die dir auch für viele andere Stile von Nutzen sein werden.
Für einen typischen Blues braucht man nur drei Akkorde, die üblicherweise in einem zwölftaktigen Schema angeordnet werden. Wenn du das Blues-Schema in einer Tonart kennst und verstanden hast, kannst du es ganz einfach in andere Tonarten übertragen und so deine Möglichkeiten vervielfältigen.
Die Blues-Akkorde finden wir jeweils auf der ersten, der vierten und der fünften Stufe einer Tonart. In C-Dur sind das der C-Dur-, der F-Dur- und der G-Dur-Akkord. Diesen Dreiklängen wird jeweils noch die kleine Septime hinzugefügt, sodass ein spannungsvoller Vierklang entsteht. Für einen ganz klassischen Blues werden sie folgendermaßen angeordnet:

Wenn du nicht weißt, wie man Leadsheets liest, kannst du das zum Beispiel im Klavierunterricht Oldenburg lernen.
Unzählige Songs basieren auf genau diesem Muster und auch für Improvisationen in der Gruppe wird es häufig verwendet. Wenn du schon etwas fortgeschrittener bist in deinem Blues Piano Spiel, kannst du dich nach verschiedenen möglichen Variationen umsehen, um etwas mehr Abwechslung zu haben.
Für die Melodie wird häufig die sogenannte Blues-Tonleiter verwendet. Dabei handelt es sich um eine moll-pentatonische Tonleiter, der die verminderte Quinte hinzugefügt wird. Der Blues lebt davon, dass sein Tongeschlecht nicht eindeutig ist und immer wieder Dissonanzen entstehen.
Die sogenannten Blue Notes, die zwischen der großen und der kleinen Terz, der verminderten und der reinen Quinte sowie zwischen der großen und der kleinen Septime (oder teilweise auch zwischen der großen Sexte und der kleinen Septime) liegen, können auf dem Klavier nicht intoniert werden, da die exakte Tonhöhe beim Drücken einer Taste nicht beeinflusst werden kann. Blues-Pianist*innen behelfen sich deshalb häufig mit Vorschlägen, durch die sie von einem Halbton in den nächsten „hineinschleichen“.
Blues wird immer im Shuffle-Rhythmus gespielt. Das bedeutet, dass die Achtel nicht gerade (also gleichmäßig auf einen Viertel verteilt), sondern ternär gespielt werden. Ternär heißt, dass es eine Dreiteilung gibt: Wenn zwei Achtel notiert sind, denkst du sie als Triole, bei der du den mittleren Ton weglässt.
Wie spielt man Boogie-Woogie am Klavier?
Wenn du das Blues-Schema bereits kennengelernt hast und dir die Blues-Tonleiter mitsamt Blue Notes leicht von den Fingern geht, bist du bereit, um dich mit dem Boogie-Woogie zu beschäftigen. Der Boogie ist ein solistischer Klavierstil, in dem, vereinfacht gesagt, der Blues in einem deutlich höheren Tempo gespielt wird.
Charakteristisch ist zudem die rollende Basslinie, die dem Ganzen eine treibende Energie verleiht. Der Boogie wird auch „eight to the bar“ genannt. Diese Bezeichnung kommt daher, dass in der Regel in der linken Hand durchgängig acht Achtel pro Takt gespielt werden. Dabei werden die Akkorde aufgebrochen und selten mehr als zwei Töne gleichzeitig gespielt. Typisch sind beispielsweise Bewegungen von der Quinte über die Sexte zur Septime und wieder zurück.

Hast du noch nicht Noten lesen gelernt? Im Klavierunterricht Freiburg findest du Hilfe dabei.
Dieses hier vorgestellte Muster ist nur eines von vielen möglichen. Für den Anfang eignet es sich sehr gut, um mit recht einfachen Mittel einen typischen Boogie-Sound zu erzeugen. So hast du schon einmal eine Basis, auf der du aufbauen kannst.
In der rechten Hand passiert mehr oder weniger dasselbe wie im Blues; nur eben deutlich schneller. Damit du auch in hohem Tempo improvisieren kannst, kannst du einige Licks einüben, die du dann an geeigneten Stellen einsetzen kannst. Wenn du dir einmal verschiedene bekannte Boogie-Songs anhörst, wird dir schnell auffallen, dass es so einige Licks gibt, die immer wieder verwendet werden. Je mehr du davon kennst, umso vielseitiger und flexibler wird dein Spiel.
Beim Boogie Piano ist entscheidend, dass du dich einerseits mit der linken Hand an ein Muster hältst, dass du über alle Akkorde fortführst, und andererseits mit deiner rechten Hand für die nötige Abwechslung sorgst. Das passiert einerseits durch bluestypische Vorschläge, Läufe und Dissonanzen, andererseits aber auch durch die rhythmische Variation.
Dein perfekter Einstieg in die Klavierbegleitung
Träumst du davon, spontan deinen eigenen Gesang oder andere Musizierende auf dem Klavier begleiten zu können? Dann zögere nicht und fange sofort mit dem Üben an. Klavierbegleitung ist kein unerreichbares Ziel und auch Anfänger*innen können mit einfachen Mitteln gut klingen.
Im Idealfall findest du in einem Songbook oder online ein sogenanntes Leadsheet für den Song, den du begleiten möchtest. Darauf sind die Akkorde in der richtigen Reihenfolge abgedruckt und du musst sie nur noch in einem angemessenen Rhythmus auf die Tasten übertragen.
Wenn du kein Leadsheet hast, musst du selbst passende Akkorde finden. Dabei gehst du immer von der Melodie aus und achtest insbesondere auf die Töne, die auf die Zählzeiten gespielt oder gesungen werden. Ein Akkord, in dem sie alle vorkommen passt auf jeden Fall. Häufig wird ein Akkord einen ganzen Takt lang durchgespielt. Es kann aber auch halbtaktige oder, insbesondere bei Übergängen zwischen zwei Liedteilen, noch häufigere Akkordwechsel geben.
Du kannst zudem die Auswahl an Akkorden erheblich eingrenzen, indem du die Tonart des Liedes bestimmst und dich nur auf die dazugehörigen Stufenakkorde konzentrierst. Wenn du zudem noch die am häufigsten benutzten Akkordfolgen kennst, kannst du dir die Arbeit weiter erleichtern.
Zum Finden der Akkorde sind verschiedene Vorgehensweisen möglich. Du kannst einerseits theoretisch an die Sache herangehen, in dem du die Melodie notierst und vom Notenbild her die passenden Akkorde suchst. Andererseits kannst du praktisch vorgehen und zu jedem Takt der Melodie verschiedene Akkorde auf dem Klavier ausprobieren, bis du einen gefunden hast, der gut klingt.
Wähle zunächst die, mit der du dich wohler und sicherer fühlst. Du kannst dann später immer noch als Übung eine andere testen. Je öfters du das machst, umso schneller wird es gehen. Dein Gehör wird geschult und du wirst einige häufig wiederkehrende Akkordverbindungen erkennen.
Kann man vom Blatt spielen üben?
Die letzte wertvolle Übungseinheit fürs Klavierspielen, die wir dir hier vorstellen wollen, ist das Blattspiel. Vom Blatt spielen bedeutet, dass man Noten, die man zum ersten Mal sieht einfach so spielen kann, ohne einzelne Stellen zu üben.
Der Lernprozess, der dich zu einem sicheren Blattspiel führt, ist dem laut Vorlesen Lernen sehr ähnlich. Es geht nämlich darum, nicht nur die einzelnen Noten zu erkennen und sie sofort auf den Tasten zu finden, sondern auch darum mit der Zeit ganze Phrasen auf einen Blick wahrzunehmen und das Stück musikalisch gestalten zu können. Genau wie du in einem Text keine einzelnen Buchstaben liest, sondern ganze Wörter und schon zu Beginn eines Satzes ein Gefühl dafür hast, wie du ihn betonen musst.
Das hinzubekommen braucht natürlich etwas Zeit und einiges an Übung. Folgende Dinge kannst du beim Blattspiel Üben beachten, um schnell Fortschritte zu machen:
- Wähle erstmal eher einfachere Stücke
- Übe das Blattspiel mit jeder Hand einzeln, wenn dir zwei Notenzeilen zu viel sind
- Spiele langsam und benutze ein Metronom
- Schau beim Klavierspielen nicht auf die Tasten
- Spiele weiter, wenn du einen Fehler machst
Als Blattspiel-Anfänger*in darfst du dir auch gerne die Noten sehr genau anschauen, bevor du mit dem Spielen anfängst und das Stück schon einmal gedanklich durchgehen. Diese Vorbereitungszeit kannst du mit der Zeit schrittweise verkürzen, bis du soweit bist und kurz nach Erhalt der Noten sofort loslegen kannst.