Die Trümmerliteratur wird oft als Nachkriegsliteratur bezeichnet und damit zusammen mit der Literatur der BRD und DDR eingeordnet – doch tatsächlich ist die Trümmerliteratur als eigenständige Epoche in Deutschland anzusehen, die sich zwischen 1945 und 1950 nach dem Zweiten Weltkrieg bewegte.
Geprägt von den Schrecken des Weltkrieges und der Not der Nachkriegszeit, zeichnen sich die Werke dieser Epoche durch ihre schonungslose und realistische Darstellung der zerstörten Gesellschaft aus.
Bezeichnet wird die Trümmerliteratur übrigens auch als Heimkehrerliteratur und Literatur der Stunde Null – wir wollen Dir in diesem Artikel einen Überblick über den historischen Kontext, Merkmale, Literatur und Vertreter dieser Epoche geben.
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Trümmerliteratur: Historischer Kontext
Wie der Begriff schon erahnen lässt, bezieht er sich auf all das, was die Soldaten und Heimkehrer nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrer Stadt vorfanden: und das waren leider Trümmer. Nahezu alle deutschen Großstädte waren zerstört und zeugten von den Geschehnissen.

Viele standen also nicht nur vor den Trümmern ihrer Stadt, sondern auch vor den Trümmern ihrer gesamten Existenz. Viele Menschen hatten ihre Familie, Freunde und ihr Zuhause verloren und viele Soldaten befanden sich in Kriegsgefangenschaft.
Der historische Kontext der Trümmerliteratur ist tief in den dramatischen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und dessen unmittelbaren Nachwirkungen verwurzelt. Diese Literaturgattung entstand in Deutschland und Österreich unmittelbar nach dem Ende des Krieges im Jahr 1945 und dauerte bis etwa Anfang der 1950er Jahre.
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Der Zweite Weltkrieg ging von 1939 bis 1945 und begann mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen.
Nach sechs Jahren intensiven Weltkrieges lag Europa, insbesondere Deutschland, in Trümmern. Städte waren durch Bombardierungen weitgehend zerstört, die Infrastruktur war weitgehend lahmgelegt und die Bevölkerung litt unter extremen Versorgungsengpässen.
Der Krieg hinterließ nicht nur physische, sondern auch moralische Trümmer. Das verbrecherische Ausmaß des Nationalsozialismus, die Schrecken des Holocaust und die immense Zahl an Kriegstoten und -verwundeten führten zu einem tiefen sittlichen und ethischen Bruch. Die Bevölkerung musste sich mit den Gräueltaten und der Schuld auseinandersetzen, die durch das Nazi-Regime begangen worden waren.
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Der Krieg zerstörte allerdings nicht nur die Existenzen der Menschen, sondern auch all die Träume, die die Menschen vor dem Krieg besaßen. Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 stand die Gesellschaft vor einem Neuanfang. Das politische und gesellschaftliche Leben musste neu geordnet werden. Menschen suchten nach neuen Werten und Perspektiven in einer völlig veränderten Welt.
Wir zeigen Dir, wie sich all das Leid, das der Krieg hinterlassen hatte, auch in der Literatur der Vertreter dieser Epoche widerspiegelte.
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Literatur der Stunde Null
Die Trümmerliteratur kann als eine Reaktion auf die literarischen Traditionen vor dem Krieg verstanden werden. Die Ursprünge dieser literarischen Epoche fanden sich in den Zeitschriften der Kriegsgefangenenlager, wie etwa "Der Ruf", wo viele junge Soldaten ihr literarisches Schaffen begannen und sich dabei gegen die die Tradition der nationalsozialistischen Literatur wendeten.

Die Autoren der Trümmerliteratur nutzten ihre Bücher, um persönliche und kollektive Erfahrungen des Weltkrieges und der Nachkriegszeit zu verarbeiten. Sagt dir die Literaturepoche Sturm und Drang etwas?
Sie beschrieben oft die Nöte des Alltags, die Verzweiflung und den Überlebenswillen der Menschen in einer zerstörten Welt.
Eine thematisch ähnliche Nebenströmung der Trümmerliteratur war die Kahlschlagliteratur. Sie beschrieb das unmittelbare Erleben des Krieges und der Nachkriegszeit aus der Perspektive der "kleinen Leute".
Nach dem Krieg bildeten sich verschiedene literarische Zirkel und Treffpunkte, in denen Schriftsteller zusammenkamen, um sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Diese Gemeinschaften spielten eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Entwicklung der Trümmerliteratur.
Ganz anders war es bei der Literaturepoche der Aufklärung und Empfindsamkeit.
Die Trümmerliteratur endete, als Deutschland wohlhabender wurde und der Wiederaufbau der Städte voranschritt, wodurch die Schrecken des Krieges in den Hintergrund traten. Weitere Gründe für das Ende dieser Epoche waren:
- Der Druck restaurativer literarischer Normen
- Die langsame Entwicklung der Gattung
- Formale Unsicherheiten
- Die Selbstüberschätzung vieler Autoren
- Die spätere Distanzierung einiger Schriftsteller von ihren frühen Büchern
Dennoch ist es ein wichtiger Teil der Nachkriegsliteratur. Zu den Literaturformen der Nachkriegszeit gehört auch die Exilliteratur in Deutschland.
Merkmale der Trümmerliteratur
Die Autoren der Epoche waren überwiegend Soldaten, die entweder in den Kriegsgefangenenlagern festgehalten wurden oder aus dem Krieg nach Hause zurückkehrten. Da sie meist vor dem Krieg keine Autoren waren, orientierten sie sich kaum an literarischen Vorgaben und ihre Bücher zeugten von einer recht einfachen Sprache.
Viele Autoren dieser Zeit lehnten die romantisierende und ideologisch aufgeladene Sprache der Vorkriegs- und Kriegsjahre ab. Stattdessen strebten sie nach einer klaren, einfachen und direkten Sprache, die die Realität unverfälscht wiedergab.
Auch inhaltlich zeugte die Literatur von einem Bruch – man wollte keine Inhalte und Sprache früherer Epochen oder Stile der Nationalsozialisten aufgreifen.

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So schaffte man überwiegend eine ganz eigene Sprache und markierte beispielsweise durch den Verzicht auf ein Reimschema absichtlich einen Bruch zu früheren Generationen.
Die Autoren orientierten sich an ausländischen Vorbildern, insbesondere an amerikanischen Short Stories mit ihrem knappen, einfachen Stil. Diese Schriftsteller hatten großen Einfluss:
- Ernest Hemingway
- John Steinbeck
- William Faulkner
- Jean Anouilh
- Jean-Paul Sartre
- Albert Camus
- Elio Vittorini
- Ignazio Silone
Das Erlebte sollte nicht etwa wie in der Epoche des Realismus poetisiert werden, sondern ein echtes Bild von der Welt zeigen, womit die Autoren und Autorinnen der Trümmerliteratur vor allem die gegenwärtige Welt möglichst realistisch und ehrlich darstellen wollten.
Zentrales Thema der Trümmerliteratur war demnach die Zerstörung der Städte, aber auch die Zerstörung der Träume der Menschen. So wurde in der Literatur auch das Kriegsgeschehen verarbeitet und sich mit der Schuldfrage auseinandergesetzt.
Als Gruppe 47 wird ein Treffen von Schriftstellern bezeichnet, zu welchem Hans Werner Richter von 1947 bis 1967 eingeladen hat. Das literarische Schaffen dieser Gruppe war für diese Epoche von großer Bedeutung – man übte gegenseitig Kritik an den literarischen Arbeiten aus und förderte unbekannte, junge Autoren. Möchtest du mehr über Literaturepochen wie den Expressionismus lernen?
Es gab sogar einen sogenannten Preis der Gruppe 47, der ab 1950 verliehen wurde. Für Autoren wie Heinrich Böll, Günter Grass und Ingeborg Bachmann war die Auszeichnung der Beginn ihrer Karriere.
Eine ähnliche Bedeutung in der Geschichte der Literaturepochen in Deutschland spielt die Literaturepoche Naturalismus.
Lyrik, Epik und Drama in der Trümmerliteratur
In dieser Form der Nachkriegsliteratur waren Lyrik und Epik zentral, die Dramatik dagegen spielte nur eine untergeordnete Rolle.
Lyrik
Im Gegensatz zur Prosa war die Lyrik nicht bereits durch die Propaganda der Nationalsozialisten geprägt. Die Lyrik bot sich besonders an, um einen knappen und unreflektierten Blick auf die Geschehnisse zu gewähren.
Dabei wurde in keiner Weise wie sonst üblich auf eine poetische Sprache zurückgegriffen, sondern man nahm bei der Darstellung kein Blatt vor den Mund und benannte auch das Schreckliche direkt.
Die ersten vier Verse des Gedichts "Latrine" von dem deutschen Lyriker Günter Eich zeigen sehr gut, was es mit dieser Direktheit auf sich hatte:
Wusstest Du, dass auch die Lyrik im Barock die beliebteste Ausdrucksform war.
Über stinkendem Graben,
Günter Eich
Papier voll Blut und Urin,
umschwirrt von funkelnden Fliegen,
hocke ich in den Knien.
Das Gedicht weist kein durchgängiges Reimschema oder Metrum auf und richtet sich gegen die traditionellen Regeln der Lyrik, was durchaus beabsichtigt war.
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Epik
Da man die Prosa aufgrund der Propaganda des NS-Regimes als missbraucht empfand, bot sich den Autoren und Autorinnen der Trümmerliteratur die Kurzgeschichte als Form des Erzählens an. Dadurch konnten sie sich von den pathetischen und ideologisch aufgeladenen Werken der nationalsozialistischen Literatur abgrenzen.

Die Autoren und Autorinnen wurden bei den Kurzgeschichten von amerikanischen Vorbildern und deren "Short Stories" inspiriert. Die Sprache war einfach und sachlich und durch das Schreiben von Kurzgeschichten verwies man auf Vorbilder wie Ernest Hemingway oder Ernest Faulkner.
Die Kurzgeschichte als epische Form des Erzählens wurde von einer Menge Autoren genutzt, darunter zum Beispiel Heinrich Böll und Wolfgang Borchert.
Auch in der Literaturepoche Renaissance spielte die Lyrik eine signifikante Rolle.
Dramatik
Die Dramatik spielte in der Trümmerliteratur nur eine untergeordnete Rolle und es wurden nur wenige Stücke, wie zum Beispiel "Die Küchenuhr" von Wolfgang Borchert, aufgeführt, die auch ein breites Publikum erreichten.
Doch auch in den dramatischen Werken spielten das unmittelbare Erleben des Weltkrieges und die realistische Darstellung der Nachkriegszeit sowie die Auswirkungen auf die Protagonisten eine große Rolle.
Interessierst Du Dich eher für die Literatur der Gegenwart?
Autoren und Werke
Einige Bücher sind noch heute sehr bekannt. Im Folgenden wollen wir Dir einen Überblick über einige Autoren dieser Epoche mit einer Auswahl ihrer Bücher geben.
Beginnen wir mit einigen Schriftstellern der Gruppe 47:
- Hans Werner Richter – „Die Geschlagenen“, „Deine Söhne Europa"
- Wolfgang Weyrauch – „Tausend Gramm"
- Günter Eich – „Züge im Nebel“, „Latrine"
- Walter Kolbenhoff – „Von unserem Fleisch und Blut“, „Heimkehr in die Fremde"
Wir sind noch nicht am Ende der Liste angekommen… Die Gruppe 47 beherbergte schließlich ganze 47 Autoren, die wir aber nicht alle nennen können. Frage mal bei der Deutsch Nachhilfe online nach! Hier kommt noch eine kleine Auswahl:
- Alfred Andersch – „Die Kirschen der Freiheit"
- Heinrich Böll – „Wo warst du, Adam?“, „Der Mann mit den Messern", „Der Zug war pünktlich", „Bekenntnis zur Trümmerliteratur"
- Wolfdietrich Schnurre – „Ein Unglücksfall“, „Das Begräbnis", „Auf der Flucht"
- Paul Celan – „Der Sand aus den Urnen"
Kennst du auch die Autoren und Autorinnen der Postmoderne?
Weiter geht unsere Auflistung bekannter Schriftsteller:
Johannes R. Becher – „Heimkehr“
Wolfgang Borchert – „Draußen vor der Tür“, „Das Brot", "Nachts schlafen die Ratten doch"
Carl Zuckmayer – „Des Teufels General"
Arno Schmidt – „Leviathan"
Heinz Rein – „In einer Winternacht"
Wolfgang Koeppen – „Tauben im Gras"
Möchtest du den literarischen Impressionismus kennenlernen?
Schließlich müssen wir noch zwei Autoren vorstellen, die besonders bedeutend sind.
Erich Kästner
Erich Kästner (1899-1974) war bekannt für seine Kinderbücher wie „Emil und die Detektive" und „Das doppelte Lottchen". Er schrieb auch Gedichte und Romane für Erwachsene und war ein scharfer Kritiker des Nationalsozialismus. Für alle, die ihre Sprachkenntnisse vertiefen möchten, kann nachhilfe deutsch freiburg eine gute Unterstützung sein.
Kästner blieb während der NS-Zeit in Deutschland, konnte jedoch nur eingeschränkt publizieren. Seine Bekanntheit geht weit über Deutschland hinaus und seine Werke werden noch heute in zahlreichen Ländern gelesen.
Es gab auch Literatur im Mittelalter!
Günter Grass
Günter Grass (1927-2015) war ein bedeutender deutscher Schriftsteller und Nobelpreisträger, bekannt für seinen Roman „Die Blechtrommel“. Er prägte die deutsche Nachkriegsliteratur wie kein anderer!
Grass' Werke thematisieren oft die deutsche Geschichte und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus.
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